Steirisches Woodstock

„Kernöl-Woodstock“ als Musik-Meilenstein

Steiermark
29.05.2021 10:00

Vor 50 Jahren feierten 3000 Steirer-Hippies in Poppendorf ein Happening, von dem die damaligen Musiker von Boris Bukowski bis Gert Steinbäcker heute noch schwärmen. Für die Anrainer war es „schlimmer als im Krieg“.

Wie hätte sich die steirische Musikszene entwickelt, wenn es dieses steirische Woodstock Ende Mai 1971 im beschaulichen Poppendorf nicht gegeben hätte. Hätten sich Bands wie STS oder EAV gar nicht gefunden oder wären die Karrieren von Wilfried, Alex Rehak oder Boris Bukowski anders verlaufen? Vieles lässt sich 50 Jahre später in den steirischen Woodstock-Ableger hineininterpretieren, der als Meilenstein im steirischen Pop funkelt.

Organisiert wurde das Festival vom damals 25-jährigen Peter Stangl aus Mautern. „Der Woodstock-Kinofilm hat mich zu diesem friedlichen Fest mit den damals angesagtesten Musikern inspiriert“. Nicht ahnend, was sich an diesem verregneten Pfingstwochenende am 29. Und 30. Mai 1971 Historisches ereignen wird. „Es hat zwei Jahre gedauert, bis Woodstock auch auf Österreich überschwappte. Zwar verspätet, dafür mit voller Wucht,“ erinnert sich Boris Bukowski „Es war ein großartiges Fest, das erst im Nachhinein die wahre Dimension zeigte.“

Mit Fürbitten gegen Verführung der Jugend
20 Bands und Musiker wurden für das Festival „Popendorf 71“ engagiert. „Der Veranstaltungsort war falsch gedruckt worden, und dennoch haben 3000 Hippies ins südoststeirische Poppendorf gefunden, wo im Vorfeld heftig gegen das Happening protestiert wurde“, entsinnt sich Peter Stangl. In der Kirche wurden Fürbitten gelesen - „die Jugend soll nicht zu Popkonzerten verführt werden“. Unter den Festivalbesuchern waren auch Jugendliche, die unerlaubt von zuhause ausgebüxt waren. „Eltern haben beim Eingang darum gebettelt, dass ich die Ausreißer ausrufe und zurückbringe“, erinnert sich Peter Stangl, der auch von Einheimischen weiß, die mehr an der „freien Liebe“ als an der lauten Musik interessiert waren.

Gleich die erste Bank entpuppte sich als Rohrkrepierer. Ein blank gezogenen Wiener Hintern ließ Bierflaschen auf die Bühne fliegen. Erst mit den Steirern Alex Rehak (Androiden), Robby Musenbichler (Freak Out), Günter Timischl (Magic 69), Thomas Spitzer und Gert Steinbäcker (beide Mephisto) entpuppten sich als Highlights. Der spätere EAV-Mann Spitzer und S.T.Steinbäcker imitierten damals die unzensierten Freigeister Mick Jagger und Frank Zapper. „Wir haben alle ein Englisch gesungen, das keines war - aber das war dem Publikum ziemlich wurscht“, so Gert Steinbäcker, der erzählt, dass dieses Mini-Woodstock mit einer Heiligen (Jazz-)Messe eröffnet wurde.

Doch es war nicht alles Weihrauch, was in der Luft lag. „Natürlich ist da einiges geraucht worden, sagt Robby Musenbichler. Dabei wurde das Festival von der Sittenpolizei streng überwacht, die „erregt amtshandelte, wenn sich ein VW ruckartig bewegte“, schmunzelt Stangl. Am Platz reichte die Verpflegung nicht für alle. „Da haben sich einige die Hendln bei den benachbarten Bauern geholt".

Bürgerversammlungen haben die Wiederholung des Musikfestival verhindert. Das runde Jubiläum weiß Mitinitiator Boris Bukowski zu würdigen. Der Austro-Pop Barde wird am 19. Juni im Schlosspark Poppendorf eine Fotoausstellung eröffnen, ein Konzert spielen und Geschichten von damals erzählen - über musikalische Freigeister, freie Liebe und scheinheiligen Fürbitten.

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