„Dringliche“ an Kurz

SPÖ-Chefin erinnert an 5 Grundsätze der Demokratie

Politik
17.05.2021 13:42

Der Nationalrat ist am Montag zu einer Sondersitzung zusammengekommen, um einige heikle Themen zu debattieren. Zum Auftakt setzte es eine „Dringliche Anfrage“ an Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP). Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, ortete einen „schlampigen Umgang mit der Wahrheit“ bei Kanzler und Volkspartei und forderte im Falle einer Anklage gegen Kurz dessen Rücktritt. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erinnerte an die „fünf Grundsätze der Demokratie“ und prangerte vor allem die „ÖVP-Attacken gegenüber der Justiz“ an. Der Kanzler selbst wies die Vorwürfe einmal mehr zurück und ortete „Diffamierungen“.

„War es nur ein Sittenbild, ein Vorsatz, oder sind diese Dinge tatsächlich passiert?“ - das sei die essenzielle Frage des Ibiza-Untersuchungsausschusses, so Krainer. Nach einem Jahr an Befragungen zur „mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung“ habe man bereits etliche Erkenntnisse gewonnen, sagte der SPÖ-Fraktionsführer und nannte als Beispiel die Affäre um die Förderung von Privatkliniken aber auch die Schredderaffäre und insbesondere die Verbindungen der ÖVP und Novomatic: „Die Novomatic war mit der ÖVP schon auf Du und Du, da war sie mit der FPÖ noch per Sie.“

Kurz ortet „Diffamierung, Unterstellung“
Der Bundeskanzler selbst ortete einen „neuen Tiefpunkt“ in der Debatte: „Es geht nicht mehr um den Wettbewerb der besten Ideen, es geht nur noch darum, andere zu diffamieren und irgendwie zu vernichten.“ Im Ibiza-U-Ausschuss gehe es schon längst nicht mehr um Wahrheitsfindung, sondern nur noch um die Vernichtung des politischen Mitbewerbers. Er selbst habe dort „Unterstellungen verbunden mit Suggestivfragen“ erlebt, „mit dem Ziel, einem am Ende des Tages das Wort umzudrehen“, so Kurz im Hinblick auf seine Rolle als Geladener im U-Ausschuss. Kurz deutete zudem an, dass die SPÖ respektive Krainer hinter der Anzeige gegen ihn stehe: „Der Abgeordnete Krainer hat gemeint, dass er mir persönlich alles Gute wünscht. Er hat aber nicht gesagt, wer mich angezeigt hat. Ob ich ihm das daher glauben kann, ist die andere Sache.“

Anschließend beantwortete Kurz die 50 Anfragen der SPÖ betont knapp und wortkarg, verwies dabei mehrfach auf frühere parlamentarische Anfragen und das Protokoll seiner Aussagen vor dem U-Ausschuss. Kontakt mit der Führungsriege von Novomatic verneinte er einmal mehr, zu den Anschuldigungen gegen Gernot Blümel sagte Kurz, diese würden „jedweder Grundlage entbehren“. Was die Bestellungen in der ÖBAG angeht, betonte Kurz, an dessen Seite Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) Platz genommen hatte, dass er sich nicht mehr an alles im Detail erinnern könne, führe er doch täglich Dutzende Gespräche und bekomme ebenso viele Nachrichten und Anrufe.

„ÖVP-Attacken gegenüber der Justiz“
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sagte anschließend, die Entwicklungen der letzten Monate seien „besorgniserregend“ und hätten ihren traurigen Höhepunkt in „ÖVP-Attacken gegenüber der Justiz, in Drohungen gegenüber der katholischen Kirche, in einer bisher einzigartigen Missachtung des Verfassungsgerichtshofs sowie in einer permanenten Verhöhnung des Parlaments“.

Rendi-Wagner erinnerte an „fünf Grundsätze, die wir in einer Demokratie hier eigentlich nicht mehr diskutieren dürften“: „1. Niemand steht über dem Recht. Auch Sie nicht, Herr Bundeskanzler! 2. Alle sind vor dem Recht gleich. 3. Was Recht oder Unrecht ist, entscheiden unabhängige Richter und Richterinnen. 4. Ob Sie die Wahrheit oder die Unwahrheit gesagt haben, Herr Bundeskanzler, und damit eine Straftat begangen haben, entscheidet ein unabhängiger Richter oder Richterin. 5. Und, ob sie angeklagt werden, entscheidet die unabhängige Staatsanwaltschaft, je nachdem, ob sie ausreichend Gründe dafür sieht. So, wie bei jeder anderen Bürgerin und bei jedem anderen Bürger auch.“

Kickl: „Der U-Ausschuss macht nur seine Arbeit“
Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionsführer im Ibiza-U-Ausschuss war danach am Wort. Er spang dem Kanzler bei und argumentierte, es gebe „seit Wochen keinen Erkenntnisgewinn mehr im U-Ausschuss“, sondern es gehe zunehmend um „Unterstellungen und Anpatzversuche“. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl dagegen verteidigte den Ausschuss, der „nur seine Arbeit mache“. Er ritt eine heftige Attacke gegen Kurz: „Schämen Sie sich nicht? Haben Sie überhaupt keinen Skrupel, diese Unwahrheiten, die sie uns schon im U-Ausschuss präsentiert haben, jetzt weiter zu führen?“

Vom grünen Koalitionspartner musste anschließend Klubchefin Sigrid Maurer die Kohlen aus dem Feuer holen. Nach einer Rüge für Hanger, der Rendi-Wagners Rede als „pauschal schlecht“ bezeichnet hatte, versuchte Maurer die Wogen zu glätten: „Politische Aufklärung kann und darf auch einmal unangenehm sein.“ Auch NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger ortete eine „sehr aufgeheizte Stimmung“. 

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