Impfen ist politisch

„Russland will zeigen, wie gespalten Europa ist“

Ausland
16.04.2021 15:09

Die Pandemie ist eine globale Herausforderung. Wenn einzelne Länder das Virus ausrotten, ist das zwar schön - aber wir leben in einer globalisierten Welt, und wie schnell ein Virus um die Welt gehen kann, das haben wir im Februar 2020 gesehen. Erst wenn auf der ganzen Welt Herdenimmunität herrscht, ist die Pandemie wirklich vorbei. Trotzdem werden die Impfstoffe, anstatt sie solidarisch und gerecht auf der ganzen Welt zu verteilen, auch als geopolitische Waffe eingesetzt. Wie, wann, wo geimpft wird, ist nicht zuletzt politisch. Inwiefern und warum - das bespricht Damita Pressl diese Woche bei „Moment Mal“ mit der Direktorin des Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik, Velina Tchakarova, und mit dem Leiter des Center for Strategic Analysis, Brigadier Dr. Walter Feichtinger.

Im Grunde, so beschreibt Feichtinger die Situation, sehe man derzeit den reichen Westen, der spärlich und zurückhaltend agiert, und in erster Linie „schaut, dass die eigene Bevölkerung zuerst geimpft wird”. Inzwischen betreiben China und Russland gekonnt Geopolitik: „China will sich als globaler Akteur präsentieren”, erklärt Tchakarova, „und erhofft sich politisches Kapital daraus. Längerfristig geht es um das eigene Image.” Die hausgemachten Impfstoffe Sinovac und Sinopharm werden vor allem strategisch entlang der Seidenstraße verteilt, etwa in Indonesien und im arabischen Raum, durchaus aber auch in Südamerika, das aufgrund seiner Nähe zu den USA interessant ist. Dabei agiere China „höchst professionell und auf Augenhöhe”, analysiert Feichtinger: „Dem Westen wirft man oft eine gewisse Überheblichkeit vor, auch nicht unbegründet.” Da agiere China geschickter: „Als strategischer Analytiker kann ich nur sagen - das muss man sich anschauen.“

„Russland will zeigen, wie gespalten Europa ist“
Dass Russland mit seinem Impfstoff Politik machen will, zeigt allein schon der Name: Der sei, so Feichtinger, „fast schon beeindruckend bis grenzwertig. Hier an einen Satelliten von 1957 anzuschließen, ist schon ein hartes Stück.“ Der Kreml, bestätigt Feichtinger, sieht das Durchimpfen offenbar als zweites „Space Race“ und will zeigen, dass man im wissenschaftlichen Bereich mithalten kann. Das Land kann außerdem nach dem Fall Nawalny und dem wiederaufflammenden Ukraine-Konflikt positive Schlagzeilen dringend brauchen. Und in Europa, so Tchakarova, geht es Präsident Wladimir Putin vor allem um eines: „Russland geht es vor allem darum, zu zeigen, wie gespalten Europa ist. Indem Verhandlungen einzelner Mitgliedsstaaten mit Russland geführt werden, entsteht der Eindruck in Europa, dass wir gespalten sind. Das ist das, was Russland bezweckt.“ Entsprechend befürworten weder Tchakarova noch Feichtinger eine Notzulassung von „Sputnik V“ in Österreich.

Warum Indien Millionen Impfdosen an seine Nachbarn spendet, warum niemand weiß, welchen Impfstoff Putin erhalten hat, und warum die EU richtig entschieden hat, den Impfstoff gemeinsam zu beschaffen, sehen Sie im Talk. 

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