Diskussion entbrannt

Der neue Tiroler Weg: Heißes Eisen Betten-Stopp

Tirol
18.03.2021 12:00

Was tun gegen Auswüchse im Tourismus? Das Land Südtirol hat die Bremse gezogen und setzt auf Betten-Obergrenzen und Neubau-Regulierung. Das Modell könnte Vorbild für Tirol sein. Denn hier wird gerade unter dem Schlagwort „Tiroler Weg“ an den neuen Tourismus-Leitlinien gefeilt. Das Thema Betten-Stopp ist ein explosives. 

Leere Betten. Das ist aktuell die größte Sorge im Tourismus. Die Pandemie hat die Verletzlichkeit des sonst so stabilen Wirtschaftszweiges offengelegt. Sie hat aber auch ein schwelendes Problem des Tiroler Tourismus mit Scheinwerfern beleuchtet, die man sonst nur bei den Mega-Konzerten in Ischgl sah: Massentourismus.

50 Millionen Nächtigungen: Rekorde sind riskant
Fast 50 Millionen Nächtigungen generiert Tirol in Spitzenjahren. Rekorde um Rekorde wurden vor der Pandemie eingefahren. Dass der Erfolg – zumindest in einigen Regionen – riskante Gratwanderung geworden ist, ist den meisten in der Branche klar. Doch wie (und warum) eine gut geölte Maschine bremsen, wenn ihr Produkt doch so gefragt ist?

Südtirol zieht bei den Betten die Bremse
Die Nachbarn in Südtirol haben nun einen Bremshebel gebaut – einen wegweisenden Hebel. Die Landesregierung stellte Ende Februar ihre neuen Tourismus-Leitlinien vor. Die Kernstücke des Konzepts: Anhand der Nächtigungen im Jahr 2019 werden Betten-Obergrenzen eingezogen. Diese sollen sowohl für die einzelnen Betriebe als auch auf Gemeinde- und Landesebene gelten. Auf Gemeindeebene wird eine Art Bettenbörse eingeführt. Kontingente können so neu vergeben werden.

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Eine Diskussion über Grenzen des touristischen Ausbaus ist zeitgemäß. Für eine Qualitätsstrategie ist ständiges Wachstum der Bettenzahlen sicher nicht zielführend.

Hubert Siller, MCI Innsbruck

Kein Neubau abseits des Siedlungsgebietes
Gleichzeitig werden auch die Möglichkeiten für neue Hotels und Erweiterungen überarbeitet. Diese sind laut Leitlinien nur mehr im Rahmen der noch verfügbaren Betten und innerhalb der Siedlungsgrenzen möglich. Für neue Betriebe ist eine bestehende Erschließung Voraussetzung. Tourismus-LR Arnold Schuler begründete den bemerkenswerten Schritt damit, dass man ein Gleichgewicht zwischen gewerblichen Betrieben, Urlaub am Bauernhof und Privatvermietern schaffen wolle: „Die Regelungen müssen eine ausgewogene Entwicklung garantieren.“

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Die Bettenentwicklung ist Thema der Tiroler Tourismusstrategie. Im Gegensatz zu Südtirol ist die Gesamtzahl der Betten in Tirol seit Jahren aber rückläufig.

Florian Phleps, Geschäftsführer der Tirol Werbung

Folgt Tirol dem Beispiel der südlichen Nachbarn?
Eine ausgewogene Entwicklung. Das will auch Tirol, wie die Verantwortlichen stets betonen. Derzeit wird der so genannte „Tiroler Weg“ neu vermessen. Auch er ist eine Leitlinie, die die Entwicklung im kommenden Jahrzehnt vorgeben soll. Die „Krone“ hat zentrale Akteure mit dem Südtiroler Modell konfrontiert. Bestätigung dafür, dass auch Tirol einen Betten-Stopp überlegt, gibt es keine. Doch die Aussagen von LH Günther Platter, Tourismus-Forscher Hubert Siller und Tirol-Werbung-Chef Florian Phleps lassen darauf schließen, dass man das heiße Eisen ins Visier genommen hat. Ob es angefasst wird, wird sich erst zeigen.

„Die Diskussion über Grenzen ist zeitgemäß“
„Eine Diskussion über Grenzen des touristischen Ausbaus ist zeitgemäß“, meint MCI-Tourismus-Stratege Hubert Siller. Ständiges Bettenwachstum sei für eine Qualitätsstrategie nicht zielführend. Siller gibt aber zu bedenken, dass in Tirol im Gegensatz zu Südtirol die Bettenzahl seit 1984 merklich gesunken ist. Damit argumentiert auch Tirol-Werber Florian Phleps. Er bestätigt, „dass die Bettenentwicklung Thema der Tiroler Tourismusstrategie ist, die derzeit ausgearbeitet wird“.

Und was sagt der oberste Tourismus-Verantwortliche Tirols dazu? LH Günther Platter gibt sich ungewöhnlich wortkarg. „Der neue Tiroler Weg wird vor dem Sommer fertiggestellt, dem möchte ich nicht vorgreifen“, meint er knapp. Offenbar will sich der Landeshauptmann keine neue Front aufmachen. Jede Regulierung löst bei Unternehmern einen Abwehrreflex aus. Die pandemiegeplagten Touristiker sind nicht versessen auf neue Einschränkungen. Ohne könnte Tirols Tourismus jedoch aus dem Ruder laufen.

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