Die ersten Frauen im Tiroler Landtag, an der Universität Innsbruck, an der Spitze von Unternehmen. Wer waren diese Vorreiterinnen, die mutig um Mitsprache und Selbstbestimmung kämpften? Eine Würdigung zum Internationalen Frauentag.
Wir schreiben das Jahr 1907. An der Universität Innsbruck findet eine Premiere statt. Fast 250 Jahre nach der Gründung der Alma Mater promoviert die erste Frau. Adelheid Schneller (1873-1955), Tochter des Tiroler Landesschulinspektors, hatte sich gegen alle Widerstände durchgesetzt und inskribierte 1902 als erste ordentliche Hörerin. Ihr Geschlecht war ihr größtes Hindernis, ihre Herkunft ihr wichtigstes Kapital.
100 Jahre später sind die Frauen in der Mehrzahl
Die Historikerin und Schriftstellerin Schneller konnte damals nicht ahnen, dass hundert Jahre später 15.000 Frauen in Innsbruck studieren und die Mehrheit (53 %) der Hochschülerschaft ausmachen. Die erste Frau an der Universität war eine isolierte Einzelkämpferin. Bis 1918 folgten Schneller nur jeweils vier Frauen an der Philosophischen und der Medizinischen Fakultät.
Jahrzehnte vergingen, bis die erste Professorin bestellt wurde. Die Physikochemikerin Erika Cremer (1900-1996) kam 1940 aus Berlin nach Innsbruck und musste erkennen, dass die Emanzipationsbewegung sehr unterschiedlich entwickelt war. Trotz hervorragender wissenschaftlicher Leistungen mit rund 200 Veröffentlichungen wurde Cremer erst 1959 zur ordentlichen Professorin ernannt.
Einzug in den Landtag
Auch in der Politik war der Anfang schwer: Zwar zogen 1919 – als die Frauen endlich wählen durften – mit Karoline Wageneder (1882-1967) und Maria Ducia (1875-1959) zwei Sozialdemokratinnen als erste Frauen in den Tiroler Landtag ein, doch bis 1934 folgten ihnen nur vier weitere weibliche Abgeordnete. „Frauen galten als ,Fremdkörper’. Ihnen wurden vor allem sogenannte weiche Politikfelder des Sozialen, der Fürsorge und der Familie zugewiesen“, schreibt Politikwissenschafterin Alexandra Weiss im Buch „Frauen in Tirol: Pionierinnen in Politik, Wirtschaft, Literatur, Musik, Kunst und Wissenschaft“, das sie mit dem Historiker Horst Schreiber und der Historikerin Ingrid Tschugg herausgegeben hat. Ducia wie ihre Parteikollegin Adele Obermayr (1894-1972) – ab 1929 im Landtag – setzten sich für die Rechte von Frauen aus unteren Schichten ein. Später war Obermayr im NS-Widerstand aktiv.
Mölk: „Aber dann ging der Kampf los“
Als Kampf beschreiben viele der Vorreiterinnen ihr Streben nach Selbstbestimmung. So auch Therese Mölk (1872-1958), die vor 100 Jahren den Grundstein für ein Tiroler Paradeunternehmen legte: MPreis. Schon als junge Frau wollte Mölk in Wörgl ein Geschäft eröffnen. „Aber dann ging der Kampf los, weil ich mich selbstständig machen wollte“, erinnerte sie sich später. Mölk setzte sich durch.
Nicht mehr nur Statistinnen
Auch in der Kunst- und Kulturszene ließen sich die Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr nur zu Statistinnen degradieren. Als Beispiel können Anna (1882-1969) und Ilse Exl (1907-1956) - Mutter und Tochter - genannt werden.
Sie haben den Erfolg der legendären Innsbrucker ExlBühne wesentlich geprägt. Selbstbewusste Frauen. Dennoch wären ihre Karrieren ohne die familiären Voraussetzungen so nicht denkbar gewesen. War es doch Annas Mann Ferdinand, der 1902 die Volksbühne gründete.
Anspruch auf Selbstbestimmtheit
Ideologisch verband die Pionierinnen zum Teil sehr wenig. Da die Sozialdemokratinnen Maria Ducia und Adele Obermayr, dort die Volksschauspielerin Anna Exl, die sich vor allem in den Dienst der Heimat stellte. Was die Vorreiterinnen verband, war ihr Anspruch auf Selbstbestimmtheit, den sie trotz aller Widerstände nicht aufgaben. Was ihnen den Rücken stärkte, war die Frauenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts und die Errungenschaften wie das Frauenwahlrecht. „Vorbilder geben anderen Frauen Mut“, konstatiert Weiss. Eine nachhaltige Veränderung war allerdings erst durch eine breite Bewegung, Akzeptanz in der Gesellschaft und verbürgte Rechte garantiert.
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