Unmut nach Verkauf

Muttereralm-Bahn: Schöne Grüße aus „Tatry-Muttra“

Tirol
14.12.2020 11:00

Nach dem Verkauf der Muttereralm-Bahn an slowakische Investoren gehen die Wogen hoch. „Hat das der Tourismus-Weltmeister nötig?“, fragt man sich im ganzen Land.

Nach dem Verkauf der Muttereralm-Bahn an den slowakischen Investor Tatry Mountain Ressort rumort es nicht nur im westlichen Mittelgebirge! In ganz Tirol fragt man sich, ob es denn notwendig war, unbedingt einen ausländischen Investor für ein Familien-Skigebiet zu holen. In einem Land, das sich zu Recht als Tourismus-Weltmeister bezeichnet und es außerdem zwei renommierte Tiroler Unternehmer gibt, die ebenfalls Interesse an der Familien-Bahn haben

Millionen an öffentliche Mitteln flossen
Wie berichtet, haben sich die Bürgermeister von Götzens und Mutters sowie die Innsbrucker TVB-Spitze um Karl Gostner und Patrizia Niederwieser dazu entschlossen, das (laufend defizitäre) Skigebiet ins Ausland zu verkaufen. Dies, obwohl in den letzten Jahren Millionen an öffentlichen Mitteln in den Betrieb des beliebten, aber eben auch notleidenden, Skiberg geflossen sind und der Anlagenpark zwischen Mutters und Götzens überdimensioniert ist. Ein Abbau und Verkauf der Götzner Bahn steht weiter im Raum. Das hat selbst der nunmehr als Seilbahnmakler agierende Schweizer Berater Roland Zegg von grischconsult in seiner Bergbahnstudie aus dem Jahr 2014 erwogen und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch empfohlen.

Ein Geschäft für die Slowaken
Der Verkauf wird – auch wenn man, wie vertraglich vereinbart, beim Abriss der Götzner Bahn eine Pönale von einer Million Euro leisten soll – für die Slowaken ein Geschäft. Denn immerhin sind zwei bis drei Millionen Euro für die überdimensionierte Bahn auf dem freien Markt zu erzielen. „Es wäre nicht die erste Seilbahn, die aus den Alpen in Richtung Karpaten oder die Hohe Tatra übersiedelt“, zeigt ein Insider auf. Da helfen auch die fast schon emotionalen Beteuerungen der zwei Standortbürgermeister in einer Lokalzeitung nichts.

Es scheint, als habe man mit diesem Verkauf nur seinen eigenen Kirchturm im Auge und alte Rechnungen – auch TVB-intern – beglichen, anstatt im Sinne der Destination zu handeln. So hat der Mutterer Bürgermeister Hansjörg Peer schon vor Jahren versucht, die Muttereralm an den Mann zu bringen. Die Ziele des Götzner Bürgermeisters Josef Singer, der Grundeigentümer in der benachbarten Axamer Lizum und Hüttenwirt ist, dürften seiner Rolle als Bürgermeister geschuldet sein. Immerhin steht eine Gemeinderatswahl ins Haus – und da hätte der ehemalige Jungbauernfunktionär Singer wohl nur bedingte Chancen auf eine Wiederwahl, wenn im gleichen Jahr die Schwertransporter in Richtung Tatra starten würden – und die Götzner Abfahrt zur Sackgasse mutiert.

Kleinkrieg der Bürgermeister und Zick-Zack-Kurs
Insider erkennen in der nunmehr augenscheinlich bevorstehenden Entscheidung einen Kleinkrieg der Bürgermeister und die Fortführung des Zick-Zack-Kurses der TVB-Spitze, der allerdings Millionen kosten wird. Dabei hat die Muttereralm keinen Spielraum, weder wirtschaftlich noch räumlich. Es droht eine Filetierung der Anlagen, ein weiteres Abwirtschaften und am Ende, nach wenigen Jahren, wohl erneut das Ende der Muttereralm, die in ihrer wechselvollen Geschichte immer wieder Höhen und Tiefen erleben musste. Aus dem Mittelgebirge heißt es dazu: „Es ist wohl ein Treppenwitz, dass jener Schweizer Berater, der einst gepredigt hatte, dass der Brückenschlag in das Stubaital die einzige nachhaltige Lösung für die Bergbahnen des Großraums sei, nun den Ausverkauf heimischer Infrastruktur vorantreibt und daran gut verdient.“ Dabei fallen einem die Cross-Border-Leasing-Geschäfte des letzten Jahrhunderts ein, wo man auch anfangs das große Geld vor Augen hatte und am Ende der Steuerzahler die Zeche zu zahlen hatte

Kommt auch Umbenennung des Ortsnamens?
Auch ein bitterböses Gerücht macht schon die Runde, dass es nur mehr eine Frage der Zeit ist, bis Mutters in „Tatry-Muttra“ umbenannt wird. Finanzkräftige Herren aus dem Osten glauben nämlich nicht selten, dass sie bei einer Investition im Ausland auch gleich Land und Leute mitgekauft haben...

Markus Gassler, Kronen Zeitung

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