Heute ist Weltfrauentag. Eingeführt vor mehr als 100 Jahren, als Frauen nicht nur das Wahlrecht verwehrt war. Heute ist Gleichberechtigung gesetzlich verankert. Doch wie schaut es in der Praxis aus? Stellvertretend für die über 380.000 Mädchen und Frauen im Land lässt die „Krone“ Tirolerinnen aus unterschiedlichen Bereichen zu Wort kommen. Sie sprechen über Erreichtes und Hürden, die es noch zu bewältigen gilt.
Stefanie Preyer-Kuen (34) arbeitet Vollzeit in einer sozial-pädagogischen Wohngemeinschaft für Jugendliche. Die Tirolerin studierte Psychologie und Erziehungswissenschaften und ist Mutter einer kleinen Tochter (3). Seither macht sie den Spagat zwischen Kind und Karriere: „Ich bin froh, dass die Betreuung mittlerweile gut ausgebaut ist, sonst wäre mein Alltag kaum bewältigbar“, betont sie. In Sachen Flexibilität sieht sie aber Aufholbedarf: „Dass es auch Jobs außerhalb von Bürozeiten gibt, wird kaum berücksichtigt.“ Ohne Ehemann und Großeltern könnte sie ihre 24-Stunden-Dienste nicht machen. Benachteiligt sei sie nie geworden, der Aufstieg mit Kind sei aber eine Herausforderung, auch finanziell: „Eigentlich steigt man alle zwei Jahre im Gehaltsschema, die Karenzzeit wird aber nicht gerechnet.“
Veronika Opbacher (28) hat gemeinsam mit Schwester Viktoria vor einigen Jahren den elterlichen Installationsbetrieb n Fügen mit 230 Mitarbeitern übernommen. Für manche Kunden und Mitarbeiter sei das am Anfang schon eine Umstellung gewesen, meint sie. Ihre technische Ausbildung habe ihr aber sehr geholfen. Seit 2015 ist Opbacher auch die erste Tiroler Innungsmeisterin der Installateure. Sie sieht Gleichberechtigung in vielen Bereichen heute erreicht. Wo es noch viel zu tun gibt? Opbacher: "Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Flexible Arbeitszeiten, optimale Kinderbetreuung und der Wiedereinstieg nach der Karenz sind Themen, denen sich jede Firma und unsere gesamte Gesellschaft stellen müssen. Nach der Karenzzeit ist es für Frauen oft sehr schwierig, den Weg in die Arbeitswelt zurück zu finden. Meiner Meinung nach gibt es noch großen Verbesserungsbedarf.
Solveig Thurnes (30) ist Bäuerin in Serfaus und Mutter von drei Kindern. Sie ist Quereinsteigerin. „Ich habe in den letzten Jahren viele innovative und emanzipierte Bäuerinnen jeden Alters kennen gelernt“, erzählt sie, berichtet aber auch von einem noch spürbaren Generationenunterschied. Zum Thema Gleichberechtigung hat die 30-Jährige einen Wunsch an Frauen: „Wir schaffen uns selbst Nachteile, indem wir nicht selbstbewusst genug auftreten. Dabei sollten wir einfordern - und nicht einklagen! Frauen arbeiten genauso hart wie Männer, deshalb sollten sie genauso selbstbewusst eine Gehaltserhöhung oder die Beförderung einfordern.“ Gleichberechtigung gehe aber in beide Richtungen und Frauen in der Landwirtschaft müssen auch bei Männeraufgaben mit anpacken. Dass ihre Töchter es später schwerer haben als ihr Sohn, glaubt die Serfauserin nicht: „Alle drei erhalten von uns die gleichen Chancen - was sie daraus machen, liegt in ihrer Hand.“
Vanessa Nedic (19) zog vor vier Jahren mit ihrer Familie aus Kroatien nach Hatting. Obwohl sie erst seit ihrer Ankunft Deutsch lernt, hält sie bereits ein Matura-Zeugnis in ihrer Hand und begann kürzlich mit einem Studium für Erziehungswissenschaften. Weder in ihrer alten noch in ihrer neuen Heimat fühlte sie sich in der Schule je ungerecht behandelt: „Ich hatte immer das Gefühl, dass alle gleichberechtigt sind. Ich glaube, das ist die neue Generation.“ Natürlich gäbe es immer Ausnahmen, grundsätzlich hat die Jugendliche aber das Gefühl, dass es einen Aufwärtstrend in Sachen Feminismus gibt - und fühlt sich auch von Statistiken bestätigt. Aufholbedarf sieht sie unter anderem aber bei den Frauen selbst, nämlich in den Sozialen Medien: „Herablassende Kommentare über das Aussehen oder das Gewicht kommen meist von Mädchen - anstatt aneinander zu unterstützen, greifen sich Frauen im Internet oft gegenseitig an. Ich finde, das muss sich ändern.“
„Da war Österreich noch hinterm Mond“, schildert Jutta Sturmayr aus Völs. Als die Seniorin 1977 aus Heiratsgründen von der DDR nach Tirol zog, war sie von der Ungleichheit zwischen Mann und Frau entsetzt. „Damals musste mein Ehemann einwilligen, damit meine eigenen Kinder in meinen Pass eingetragen werden.“ Heute findet sie vor allem gut, dass Frauen selbst bestimmen können, wann sie ein Kind bekommen. „Früher war es viel schwerer, vor allem wenn man als unverheiratete Frau schwanger wurde“, schildert die 85-Jährige. Auch sonst begrüßt sie, dass sich in Sachen Familie so viel getan hat - zum Beispiel, dass jetzt auch Männer in Karenz gehen und die Frau dafür weiter arbeiten kann. „Negativ finde ich aber, das jetzt jede Frau für ihre eigene Altersvorsorge zuständig ist. Wenn man sich dafür entscheidet, Hausfrau zu sein, ist das nicht ideal. Ich konnte mich noch voll und ganz der Familie widmen und bekam trotzdem eine gute Pension.“
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