Prominenter Abgang

WGKK-Chef Bittner legt mit Ende Juni Amt nieder

Österreich
16.06.2009 10:59
Franz Bittner (55) wird sich mit Ende Juni aus der Sozialversicherung zurückziehen. Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) wird dann sowohl seine Funktion als Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) als auch als Vorsitzender der Trägerkonferenz im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger abgeben. Das teilte Bittner am Dienstag mit.

"Es war keine Ad-hoc-Entscheidung, sondern ein Prozess von eineinhalb Jahren", so der Noch-Obmann zu seinem Rückzug. Da das Haus mit der neuen, vor kurzem ernannten Direktion gut bestellt sei, sei nun der beste Zeitpunkt, die Funktion zurückzulegen, lobte Bittner WGKK-Generaldirektor Erich Sulzbacher und dessen Stellvertreter Jan Pazourek.

Nachfolge offen
Gleichzeitig wird Bittner auch seinen Brotberuf wechseln. Demnach habe er sich entschlossen, als Dienstnehmer beim ÖGB auszuscheiden und in die Privatwirtschaft zu wechseln. Seine Stellvertreter-Position in der GPA-djp werde er jedoch beibehalten: "Es wäre unerträglich, hier unerledigte Arbeit zurückzulassen." Was die Nachfolgefrage betrifft, könne er noch keine Namen nennen, versicherte Bittner. Die Neubestellung beider Gremien, also WGKK und Trägerkonferenz, werde jedenfalls bis Herbst dauern.

Mit dem Abgang von Bittner als Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse verliert die Sozialversicherung einen ihrer prominentesten Vertreter. Zwölf Jahre lang war der streitbare Druck-Gewerkschafter der chronisch defizitären Kasse vorgestanden. Bittner war stets ein streitbarer Geist in der Sozialversicherung. Über Jahre musste er angesichts der Minuszahlen in seiner Kasse Verteidigungsrede um Verteidigungsrede anstimmen. In der Öffentlichkeit diente er vor allem den Arbeitgebern aber auch ÖVP-Landespolitikern als Prellbock, dabei verfügt Bittner durchaus über tragfähige Kontakte in die Ärzteschaft und die Wirtschaft. Vor allem mit dem heutigen VP-Klubchef und langjährigen Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz Kopf bildete er in den letzten Jahren bei diversen Gesundheitsverhandlungen eine Einheit.

Dafür ist Bittner in den eigenen Reihen nicht der Allerbeliebteste, auch wenn das öffentlich so nicht gesagt wird. Weder ist er in der GPA, in die er "seine" Druckergewerkschaft hineinfusioniert hat, rasend populär, noch unter den Arbeitergewerkschaften. Der legendäre Metallerchef Rudolf Nürnberger, der auch heute noch über nicht unbedeutenden Einfluss verfügt, soll ihm nicht verziehen haben, dass er die Drucker nicht mit den Metallern zusammengeführt hat.

Dienstwagen-Affäre
Einen Schatten über Bittners Karriere warf in den letzten Jahren seine Dienstwagen-Affäre. Vorgeworfen wurde ihm, seinen Berufswagen auch privat genutzt zu haben. Bittner zahlte 7.000 Euro nach. Wer die Affäre losgetreten hat, ist nicht nachweisbar. Auffällig war, dass sie just publik wurde, als im Vorjahr um das letztlich gescheiterte Gesundheitspaket verhandelt wurde. Beobachter glauben, dass die Dienstwagen-Geschichte aus den eigenen Reihen medial lanciert wurde. Immerhin gab es auch aus "roten" Kassen und der Pensionsversicherungsanstalt vehementen Widerstand gegen das Bittner-Konzept.

Die nackten Zahlen weisen für Bittner eine eher negative Bilanz aus. Die letzte Defizitprognose für das Jahr 2009 ging von einem Minus von gut 50 Millionen aus. Die jüngst beschlossene Auflösung des Katastrophenfonds der Kassen kommt so wenig erstaunlich, aber zum Ärger mancher erfolgreich wirtschaftender Träger in erster Linie den Wienern zu. Bittner verwies in seinen Verteidigungsreden stets auf die unzweifelhaft ungünstige Versichertenstruktur der Wiener Kasse und den besonders geringen Verwaltungsaufwand. Zusätzlich muss die WGKK als einzige Gebietskrankenkasse für ein Spital - das Hanusch-Krankenhaus - aufkommen.

Wenn Bittner nun die politische Bühne verlässt, geht einer, der durchaus noch höher hinauskommen hätte können. Als die SPÖ unter Alfred Gusenbauer hoffte, als Juniorpartner in der zweiten Regierung Schüssel unterzukommen, war Bittner als Gesundheitsminister ein Fixstarter. VP-Obmann Wolfgang Schüssel entschied sich aber für Schwarz-Blau und 2006, als die Sozialdemokraten dann doch wieder Regierungsluft schnuppern durften, war Bittner nicht mehr erste Wahl, umso mehr, als die SPÖ das Gesundheitsressort der Volkspartei überließ und die Gewerkschaft bei Gusenbauer als BAWAG-Folge alles andere als wohl gelitten war.

Auch im ÖGB hätte man dem gebürtigen Wiener ein wenig mehr zugetraut. Bittner wurden Außenseiter-Chancen eingeräumt, als es um die Nachfolge des gestrauchelten Gewerkschaftschefs Fritz Verzetnitsch ging, doch letztlich war Rudolf Hundstorfer dieses ehrenvolle Amt zugefallen.

So fiel Bittner in den letzten Jahren gewerkschaftlich auch kaum noch auf. Seit er die Gewerkschaft Druck-Journalismus-Papier in die GPA übergeführt hatte, war er kaum noch gefragt, wenn es um ÖGB-Angelegenheiten ging. Er selbst, der früher ein offenes Wort nicht gescheut hatte, nahm sich auch auffällig zurück. Ein letztes Mal zeigte er Muskeln, als es heuer um den Kollektivvertrag für die Drucker ging und die Gewerkschaft mit Stehungen Druck machte.

Ausgebildeter Lithograph
Die Druckerei war auch Basis für Bittners Aufstieg. Geboren am 17. November 1953 in Wien, wurde er zum Lithographen ausgebildet und arbeitete lange Jahre bei "Kurier" und "Mediaprint". Die Drucker-Gewerkschaft setzte ihn 1993 an ihre Spitze, seit 1997 ist der passionierte Tennisspieler und Hundefreund Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse. 

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