Schon jetzt drängen sich nachts Astro-Touristen mit frostigen Fingern auf einem nahe gelegenen Hügel, um die Milchstraße zu bestaunen. "Es ist fantastisch, ich meine, es ist unbeschreiblich", schwärmt Simon Venvoort, ein 46 Jahre alter Unternehmensberater aus Amsterdam. "Derzeit wachsen zwei Generationen auf, denen gar nicht klar ist, dass all dies existiert", sagt er. "Die Hälfte der Welt ist lichtverschmutzt."
Bisher wurden 878 historische, kulturelle und ökologische Stätten weltweit als UNESCO-Welterbe gekennzeichnet, doch keine von ihnen umfasst den Himmel. In den Konventionen der UNESCO kommt er überhaupt nicht vor. Als vor etwa vier Jahren die Idee für ein Sternenlicht-Reservat entstand, arbeitete Tekapo schon lange an der Umsetzung. Wegen des klaren Himmels und der strikten Regulierung für Haus- und Straßenbeleuchtungen wurde das Dorf als Pilotprojekt vorgeschlagen.
Verdunkelung begann 1965
Die Verdunkelung der kleinen Gemeinde begann 1965, um die Arbeitsbedingungen für ein Observatorium auf Mount John zu verbessern. Später wurde die Regulierung von privater und öffentlicher Beleuchtung auf einen Umkreis von mehr als 30 Kilometern um das Dorf herum ausgeweitet, um den schwarzen Himmel zu schützen. An Neubauten wurden spezielle Lampen installiert, die möglichst wenig Licht nach oben strahlen, und eine Eislaufbahn nutzt besondere Glühbirnen, damit keine ultraviolette Strahlung von der Eisoberfläche Richtung Himmel reflektiert wird.
"Eine Menge natürliches Licht von den Sternen"
Dank Tekapo schaue die UNESCO nun auch nach oben, um das Welterbe zu schützen, sagt Graeme Murray, Vorsitzender des Tourismus- und Entwicklungsausschusses für das McKenzie-Bassin auf der Südinsel Neuseelands. Dass wegen der Maßnahmen die Lebensqualität leiden könnte, befürchten die Bewohner von Tekapo offenbar nicht. "Wir leben sicher nicht im Dunkeln", betont die Immobilienmaklerin Lorna Inch. "Wir haben einen wunderschönen Himmel, an dem wir alle uns viele Nächte im Jahr erfreuen. Es kommt eine Menge natürliches Licht von den Sternen."
Richtig schwarz ist die Nacht in vielen Teilen der Welt schon lange nicht mehr: Etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung und mehr als zwei Drittel der Menschen in den USA können Schätzungen zufolge von ihrem Haus aus die Milchstraße nicht mehr erkennen.
Glühwürmchen verschwinden wegen Elektro-Licht
Nicht nur in Tekapo, sondern auch im kalifornischen Death Valley wird deshalb versucht, die Lichtstreuung zu minimieren, um die Sichtbarkeit der Sterne zu verbessern. In Thailand berichten die Anredes Mekong-Flusses sogar von einem Verschwinden der Glühwürmchen - die Tiere werden offenbar von der zunehmenden elektrischen Beleuchtung in der Region vertrieben.
"Wir haben einen schwarzen Himmel, und daran müssen wir festhalten", sagt Murray vom Tourismusausschuss. Anna Sidorenko-Dulom, die UNESCO-Koordinatorin für Astronomie und Welterbe, sieht die Initiative aus Neuseeland immerhin als "interessanten Vorschlag, der untersucht werden muss". Die Vorsitzende der neuseeländischen UNESCO-Nationalkommission, Margaret Austin, rechnet damit, dass die Idee während der Generalkonferenz im Oktober beraten wird. Auch die kanarische Insel La Palma, Hawaii, die Osterinsel, die Galapagos-Inseln, Portugal, Kanada, Rumänien und Chile sind demnach an dem Vorhaben interessiert.
Auf der Spitze des Mount John erklärt der Reiseführer Chris Monson unterdessen den Astro-Touristen die Himmelsbilder. Ein so unberührter, schwarzer Himmel sei für viele Stadtbewohner selten, sagt er. In seiner Heimatstadt Phoenix in den USA erinnerten sich höchstens die Großeltern noch an solch sternenreiche Nächte. "Heutzutage hören wir allenfalls von so etwas", sagt Monson. "Wir können die Sterne und diese Sternenbilder nicht mehr erleben."
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