Verlies-Drama

Josef F. rechnet mit Haft bis an sein Lebensende

Niederösterreich
06.03.2009 15:59
Josef F. rechnet damit, dass er bis an sein Lebensende inhaftiert bleiben wird, wie sein Verteidiger Rudolf Mayer im Vorfeld des Prozesses in St. Pölten erklärte. "Das Außergewöhnliche an dem Fall ist, dass der Angeklagte kein Sex-Monster ist", betonte Mayer. "Weil ein Sex-Monster holt nicht Kinder, die krank sind, aus dem Keller rauf und gibt sie in die andere Familie rein. Das bedeutet ja Arbeit und jemanden erhalten müssen."

Und ein Sex-Monster führe nicht am Ende, "wenn die erwachsene Tochter so schlecht beisammen ist, die Mutter und die Tochter ins Spital, wo er wissen muss, die Geschichte fliegt auf. Ein Monster handelt nicht so. Ein Monster schneidet ihnen einfach die Kehle durch oder erschießt sie, verscharrt sie alle und genießt in Ruhe seinen Lebensabend."

"Er hat die Kinder auf seine Art geliebt"
Der Verdächtige, Josef F., habe vielmehr seine Tochter, die er laut Anklage 24 Jahre in seinem umgebauten Keller in Amstetten gefangen gehalten, missbraucht und siebenmal geschwängert haben soll, "auf seine Art und Weise geliebt", bemerkte der Anwalt. Das gelte auch für die mit ihr gezeugten Kinder: "Wenn er sagt, er hat sie geliebt, dann ist das richtig." Er habe den zwei Buben und dem Mädchen, die bis zu ihrer Befreiung im vergangenen April nichts gesehen hatten außer das fensterlose Verlies, vorgelesen, ihnen Lesen und Schreiben beigebracht, Geburtstaglieder vorgesungen und einen Weihnachtsbaum aufgestellt.

Um "das rein Sexuelle" sei es dem 73-Jährigen nicht gegangen. "Er wollte eine Familie haben, die er auf sicher hat", sagte Mayer. Der Mann habe in seiner Tochter "eher die Frau gesehen", von der er nicht verlassen werden wollte. Aus eigenen Kindheitserfahrungen habe Josef F. die Überzeugung gewonnen, "dass er nur durch Macht und Zwang Leute dazu bringen kann, dass sie ihn lieben oder dass er zumindest ihre Liebe nicht verliert", vermutete Mayer.

Mindestens "zwei Persönlichkeiten"
Der Prozess sei "weder vom Tatbestand noch vom Sachverhalt her schwierig", betonte der Strafverteidiger. Der Akt sei im Gegenteil "von der juristischen Erfordernis her ein einfacher Akt". Josef F. sei "eine jedenfalls schwer gestörte Persönlichkeit mit zumindest zwei Persönlichkeiten in sich".

Die Geschworenen erwarte "die größte Schwierigkeit", hielt der Verteidiger fest: "Je breiter ein Fall in den Medien vorab abgehandelt worden ist, desto schwieriger ist es für Geschworene, das, was sie alles gelesen, gesehen und gehört haben, zu vergessen und nur das als Entscheidungsgrundlage zu ihrem Urteil zu machen, was sie im Prozess selbst hören und sehen und lesen." Verteidigungsstrategie werde es "überhaupt keine" geben. "Er (Josef F., Anm.) hat gesagt, er sagt, was war, und Ende, aus", so Mayer.

Großes Geständnis zu erwarten
Zu den Anklagepunkten Freiheitsentziehung, Vergewaltigung, Blutschande und schwere Nötigung will sich der Verdächtige Josef F. demnach "im Wesentlichen geständig zeigen", kündigte sein Rechtsbeistand an. Den Vorwurf, den Tod eines von ihm im Keller gezeugten Neugeborenen in Form von unterlassener Hilfeleistung vorsätzlich herbeigeführt und sich damit des Mordes schuldig gemacht zu haben, wird er abstreiten. "Zum weiteren Anklagepunkt Sklavenhandel ist die Frage, ob der Tatbestand erfüllt worden ist oder nicht", meinte Mayer.

Dass die Öffentlichkeit vom Verfahren weitestgehend ausgeschlossen bleibt, sei dem Angeklagten "angenehm", sagte sein Rechtsbeistand: "Mein Mandant möchte nicht, dass intime und psychische Details vor aller Welt ausgebreitet haben."

Josef F. droht lebenslange Haft
Die Verhandlung gegen Josef F. ist auf fünf Tage anberaumt. Das Urteil soll am 20. März gesprochen werden. Sollte der 73-Jährige im vollen Umfang der Anklage schuldig erkannt werden, droht ihm lebenslange Haft.

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