War es ein Unfall?

Zensur im Iran sorgt für Porno-Blockade in Asien

Web
10.01.2017 09:00

Dass Online-Pornos den Sittenwächtern der islamischen Republik Iran ein Dorn im Auge sind und mit staatlicher Zensur bekämpft werden, ist seit Langem bekannt. Dass die Zensur im Iran aber auch Tausende Kilometer weit weg, etwa in Russland oder Südchina, zu Porno-Blackouts führen kann, ist eine neue Erkenntnis. Machen mussten sie vergangene Woche Internetnutzer in Hongkong, Russland, Indien und Indonesien.

Wie das IT-Portal "The Verge" berichtet, waren wegen einer neuen Porno-Zensurmaßnahme im Iran insgesamt 256 Pornoseiten zwei Tage lang nicht erreichbar - obwohl sie in Russland, Indien, Indonesien und Hong Kong eigentlich gar nicht verboten wären. Von dem Porno-Blackout betroffen waren Internet-Provider, die Datenpakete durch den Iran schicken. Neben russischen und asiatischen Providern soll es auch Anbieter im Nahen Osten getroffen haben.

Iran manipulierte BGP-Routingprotokoll
Wie sich herausstellte, war der Grund für die iranische Zensur außerhalb der eigenen Staatsgrenzen eine ungewöhnliche Maßnahme zur Sperrung von Online-Pornos. Der Iran manipulierte einen alten unsicheren Internetstandard namens BGP, der eigentlich sicherstellen soll, dass ein Internetnutzer mithilfe der Adresse einer Website auch zur richtigen Seite geleitet wird, damit Nutzer beim Versuch, eine Porno-Website aufzurufen, ins Leere geleitet wurden. Das ist so ähnlich, als würde man auf Straßen Verkehrsschilder manipulieren, um Autofahrer in die Irre zu leiten.

Womit die iranischen Zensurbehörden wohl selbst nicht gerechnet haben: Die Manipulation machte nicht an der iranischen Staatsgrenze Halt, sondern betraf auch Anfragen, die nur "auf der Durchreise" waren. In Folge kam es in all jenen Ländern zu Problemen, die größere Teile ihrer Internetkommunikation durch den Iran abwickeln. Bis die betroffenen Provider das Problem erkannt und behoben hatten, dauerte es zwei Tage. Im Iran selbst sollen die Manipulationen noch bestehen, die Pornosperre ist dort also weiterhin aufrecht.

Experten rätseln: War es ein Unfall?
Experten sind angesichts der Art der Manipulation verwundert, gäbe es doch zuverlässigere und einfachere Mittel, um Porno-Inhalte zu blockieren. Collin Anderson, ein US-Experte für Internetzensur, geht davon aus, dass es sich um eine außerplanmäßige Aktion gehandelt hat. "BGP ist eigentlich nicht der Mechanismus, den man für großflächige Zensur nutzt, es passt also nicht zu einer Routinemotivation. Es ist schwer zu sagen, ob das ein Unfall war oder nicht".

Ob Unfall oder nicht: Der vom Iran verursachte Porno-Blackout zeigt, wie anfällig das Internet für Manipulationen ist und wie weitreichend die Folgen von Manipulationen in einem einzelnen Staat außerhalb seiner Grenzen sein können.

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