Krummes Ding

Das Handy aus der Zukunft: LG G Flex im Extremtest

Elektronik
15.12.2013 09:00
LGs kommendes Smartphone-Flaggschiff G Flex wirkt auf den ersten Blick, als käme es direkt aus einer nicht allzu fernen Zukunft. Das liegt vor allem an seiner eigentümlichen krummen Form und einem Feature, das direkt aus einem Science-Fiction-Film stammen könnte: einer selbstheilenden Beschichtung, die Kratzer einfach ausbügelt. Das G Flex kommt erst im Februar nach Österreich, krone.at hat aber schon jetzt den Extremtest gewagt und ausprobiert, wie viel das Smartphone wirklich wegsteckt.

Wir haben es an seine Leistungsgrenzen getrieben, es zerkratzt und uns daraufgesetzt – und es hat überlebt. LGs erstes krummes Smartphone ist nicht nur durch sein von oben nach unten gekrümmtes Display ein besonderes Handy, sondern auch durch eine ganze Reihe spezieller Features und ein Innenleben, das auf dem Level aktueller Android-Topgeräte spielt.

Als Prozessor kommt ein 2,26 Gigahertz schneller Snapdragon 800 mit vier Rechenkernen und Adreno-330-Grafikmodul zum Einsatz, die Arbeitsspeicherausstattung beläuft sich auf zwei Gigabyte, der intern verfügbare Speicher ist 32 Gigabyte groß. Schade: Wie schon beim technisch vergleichbaren G2 verzichtet LG auch beim G Flex auf einen microSD-Slot, der Speicher lässt sich also nicht kostengünstig erweitern.

Viel Leistung, gute Funkausstattung
Bis auf den nicht vorhandenen Speicherkartenslot hinterlässt das G Flex leistungsmäßig einen guten Eindruck. Das potente Innenleben sorgt für ein flüssiges Android-4.2-Bedienerlebnis, Apps starten schnell und auch anspruchsvollere 3D-Games laufen flüssig. Was seine Leistungsfähigkeit angeht, spielt das G Flex in der gleichen Liga wie andere Top-Smartphones mit Googles Mobilbetriebssystem.

Auch bei der Funkausstattung lässt es keine Wünsche offen. Der Mobilfunkturbo LTE ist ebenso an Bord wie schnelles ".ac"-WLAN, stromsparendes Bluetooth 4.0 und der Kurzstreckenfunk NFC zum schnellen Verbinden mit anderen Geräten. Sogar ein Infrarot-Modul, mit dem sich das Handy als Universalfernbedienung nutzen lässt, ist vorhanden. Ein 3,5-Millimeter-Klinkenstecker und ein microUSB-Port zum Aufladen vervollständigen das Gerät.

Display-Krümmung sorgt für interessanten Effekt
Eine der beiden Eigenschaften, die das G Flex einzigartig machen, ist das von oben nach unten gekrümmte flexible OLED-Display im Sechs-Zoll-Formfaktor. Das bietet zwar "nur" 720p-Auflösung und ist demnach nicht ganz so scharf wie Full-HD-Displays der gleichen Größe, erfreute das Auge im Test aber durch leuchtende Farben, hohe Helligkeit und schönes, sattes Schwarz.

Die leichte Krümmung – die Displaymitte ist nicht ganz einen Zentimeter weiter vom Nutzer entfernt als der obere und untere Rand – sorgt beim Betrachten für einen ungewöhnlich räumlichen Effekt, den man vielleicht auch als Verzerrung bezeichnen könnte. Der ist kein Must-have und sicher nicht jedermanns Sache, machte aber bei manchen Anwendungsszenarios durchaus Spaß. Beim Betrachten von YouTube-Videos, beim Spielen oder beim Ansehen von Fotos beispielsweise. Beim Lesen eher weniger.

Geschützt ist das Display durch eine bis zu einem gewissen Grad biegsame und kratzfeste Glasscheibe. Es spiegelt bei direkter Lichteinstrahlung zwar, allerdings lässt sich das krumme "Bananen-Smartphone" durch seine Form recht einfach so in die Hand nehmen, dass die Reflexion nicht direkt in das Gesicht des Nutzers strahlt.

Solide Kamera-Performance
Bei den Kameras bietet das G Flex eine ähnliche Performance wie das G2. Die Frontkamera löst mit 2,1 Megapixeln auf, ist für Videotelefonate also tadellos geeignet. Und die Kamera an der Rückseite liefert 13 Megapixel Auflösung, kommt allerdings ohne optischen Bildstabilisator aus, wie er im G2 seinen Dienst verrichtet.

Die Fotoqualität liegt auf dem Niveau vergleichbarer Konkurrenzgeräte, reicht also problemlos für Schnappschüsse bei gutem Licht. Besonders im in die Kamera-App integrierten HDR-Modus liefert die Kamera ansehnliche Ergebnisse, wenngleich sich in diesem Modus der Autofokus mitunter etwas Zeit lässt. Im Zwielicht lässt die Kameraleistung trotz LED-Blitz nach und es kommt zu Bildrauschen und einem Verlust an Schärfe.

Kleinere Kratzer heilen von selber
Neben dem krummen Display, das mit seinen 720p zwar nicht ganz im Auflösungs-Spitzenfeld mitspielt, für den Alltagsgebrauch aber mehr als ausreicht, ist auch die Materialwahl des G Flex etwas Besonderes. Das Smartphone besteht nämlich aus einem mit speziellem Polyrotaxan-Lack überzogenen Plastikgehäuse, bei dem Kratzer selbstständig heilen sollen.

Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht und das G Flex mit verschiedenen Gegenständen zerkratzt. Den Kugelschreiber-Test ohne allzu großen Druck bestand das Smartphone dabei mit leichten Blessuren, die allerdings binnen weniger Stunden tatsächlich wieder weitgehend verheilt waren. Und auch Fingernägel konnten der Rückseite des G Flex nur kurzzeitig etwas anhaben.

Tiefe Schrammen sind zu viel für den Selbstheil-Lack
Nach dem guten Ersteindruck wollten wir es wissen: Wie viel steckt das G Flex tatsächlich weg? Es folgten Kratzversuche mit schweren Geschützen: Münzen und Schlüssel. Das Resultat: Leichte Kratzer steckte es auch hier mit der Zeit weg, tiefe Kratzer sind dann aber auch für den Terminator unter den Smartphones zu viel. Die tiefen Schrammen, die wir dem G Flex mit Metallgegenständen zugefügt haben, verblassten mit der Zeit zwar, waren aber auch nach einigen Tagen noch sichtbar.

Aus unseren Kratztests haben wir zwei Erkenntnisse gewonnen: Zum einen funktionierte die Selbstheilungsfunktion des G Flex in warmen Räumen besser als in kalten – besonders schnell verschwanden kleine Kratzer bei einem kurzen Ausflug über den Heizkörper. Zum anderen sollte man wegen der Selbstheilungsfähigkeit nicht bewusst tiefe Schrammen an der Rückseite in Kauf nehmen. Geht beim Kratzen nämlich zu viel des Selbstheilungs-Lacks ab, stößt auch die Hightech-Lackierung an ihre Grenzen.

Gehäuse lässt sich schadlos verbiegen
Neben der Selbstheilungsfähigkeit zeichnet das Gehäuse des G Flex noch eine andere Eigenschaft aus: Das Smartphone ist tatsächlich flexibel und lässt sich bis zu einem gewissen Grad verbiegen, ohne Schaden zu nehmen. Aber auch hier gilt: Wer es übertreibt, kriegt selbst das G Flex kaputt. Den Sitz-Test – wir ließen das Smartphone dazu in der Gesäßtasche und setzten uns auf harten Untergrund – überstand es jedoch ebenso wie den Durchdrück-Test, bei dem wir die Displaymitte so weit durchdrückten, dass das Smartphone plan auf dem Tisch lag.

Nun könnte man an dieser Stelle darüber klagen, dass LG beim verwendeten Material auf Plastik und nicht Metall gesetzt hat, in der Praxis hat die Materialwahl dann aber kaum gestört. Tatsächlich erscheint sie sogar notwendig, schließlich ist Plastik flexibler als Metall und entsprechend praktischer, wenn man ein flexibles Handy bauen will. Die glänzende Rückseite könnte man ebenfalls kritisieren, der selbstheilende Lack macht sie aber vermutlich notwendig.

Unhandliches Handy, ausdauernder Akku
Eine Frage des Geschmacks ist die schiere Größe des G Flex. Mit sechs Zoll Diagonale gehört es zu den größeren Android-Smartphones am Markt, entsprechend schwer ist es mit einer Hand zu bedienen. In Hosentaschen passt es gerade noch, stößt aber langsam an die Grenzen des verfügbaren Platzangebotes und ist durch seine Krümmung klobiger als gerade Smartphones. In der Gesäßtasche ist es einerseits wegen der Gefahr des Daraufsetzens unpraktisch, andererseits steht es wegen seiner Länge mitunter schon etwas heraus.

Lobenswert: Im G Flex kommt ein – ebenso wie Display und Gehäuse krummer – leistungsstarker Akku mit einer Kapazität von 3.500 Milliamperestunden zum Einsatz. Der sorgt in Kombination mit dem stromsparenden OLED-Display für erstaunlich lange Laufzeiten. Einem Langzeittest konnten wir das G Flex leider nicht unterziehen, auf Basis unserer bisherigen Erfahrungen sollte man mit dem G Flex aber auch mal zwei Tage ohne Stromtanken überdauern können.

Innovative Bedienung, mächtige Software
Ein Wort zur Bedienung: Die Buttons sind beim G Flex wie schon beim G2 an der Rückseite des Smartphones angebracht, zudem gibt es Funktionen wie das Entsperren durch "Anklopfen" auf dem Display. Während die Anordnung der Tasten Geschmackssache ist, fanden wir im Test vor allem die "Anklopf"-Funktion sehr praktisch und ertappten uns nach kurzer Zeit bei dem erfolglosen Versuch, auch bei Smartpt in der finalen Version an Bord war, setzt LG auf ein ähnlich modifiziertes Android wie im G2. Das bietet – ähnlich wie bei Samsung – eine Vielzahl mehr oder minder nützlicher vorinstallierter Apps vom Übersetzungs-Tool, über die Universalfernbedienung bis hin zum Diebstahlsicherungs-Tool, das auf Wunsch beim Verlassen eines bestimmten Gebietes eine zuvor festgelegte Nummer kontaktiert. Hinzu kommen etliche verschiedene Themes und ein hochgradig anpassbarer Benachrichtigungsbereich.

Update-Unsicherheiten, enorm hoher Preis
Das ist gerade für Menschen, die nicht alles von Hand aus dem Play Store installieren möchten, praktisch, kann sich aber bei Updates negativ bemerkbar machen. Unsere Vermutung: Weil Android für das G Flex in hohem Maße angepasst wurde, könnte es mitunter eine Weile dauern, bis Updates dafür herauskommen.

Preislich liegt das G Flex im stark gehobenen Segment. Ein offizieller Euro-Preis für Österreich fehlt zwar noch, bei ersten europäischen Händlern kann das G Flex aber bereits im Bereich der 900 Euro vorbestellt werden. Das technisch bis auf Display und Gehäuse über weite Strecken idente Schwestermodell G2 (siehe Infobox) gibt's schon für die Hälfte dieses Preises.

Fazit:Teure Demonstration des Machbaren
Der hohe Preis ist es dann auch, der uns im G Flex mehr eine eindrucksvolle Demonstration des Möglichen als ein tatsächlich massenmarkttaugliches Smartphone sehen lässt. Sicher wird es mit seinen ungewöhnlichen Eigenschaften wie dem krummen OLED-Display und der selbstheilenden Beschichtung Technikfreunde, die unbedingt das Neueste vom Neuen ihr Eigen nennen wollen, anziehen.

Darüber hinaus bietet es durchdachte Funktionen und Features – von der langen Laufzeit über die praktische Fernbedienungsfunktion bis hin zum innovativen Bedienkonzept. Für Otto Normalverbraucher ist ein 800-Euro-Smartphone aber trotz all dieser Vorzüge schlicht und ergreifend zu teuer.

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