Früher war alles besser

Früher – in den 60er-Jahren – war vieles besser. Früher, da kannten wir Sklaven nur aus „Onkel Toms Hütte“. Bei der Arbeit hatten wir ausreichend Zeit, die Aufgaben sorgfältig zu erledigen. Zudem erhielten wir noch Löhne, die gut zum Leben reichten. Heute gibt es so viele Sklaven (man nennt sie heute Mini- oder Mehrfachjobber) wie noch nie. Es muss alles noch schneller und noch billiger gehen, zu Lasten von Gesundheit, Sauberkeit und Sicherheit. Früher war der Kunde noch König, heute bedarf es eines Heeres von Konsumentenschützern, um Kunden aus Abo- und sonstigen Abzocker-Fallen zu befreien. An Kundendienst-Telefonen saßen damals noch lebendige Menschen, mit denen man richtig reden konnte, wohingegen man heute nur noch in ellenlangen Warteschleifen mit Automaten kommunizieren muss. Verträge waren allgemeinverständlich und konnten ohne vorheriges BWL- Studium abgeschlossen werden. Früher benutzten wir im täglichen Leben noch Hirn und Verstand, heute wird dazu nur noch zu Handy-Apps gegriffen. Männer haben uns Frauen früher wertgeschätzt, uns mit Komplimenten überhäuft, in die Mäntel geholfen, schwere Lasten getragen und die Türen aufgehalten. Heute stehen sie damit mit einem Bein schon im Gefängnis. Früher verdiente man sich Anerkennung durch Leistung und Fleiß, heute durch geschönte Selfies und eine möglichst große Anzahl von Followern im Internet. Früher haben wir mit richtigem Geld eingekauft, und zwar nur das, wofür es gereicht hat. Heute sind wir krampfhaft damit beschäftigt, die uns (aufgezwungenen) Datenträger vor dem Zugriff von immer mehr und immer einfallsreicheren Datendieben zu schützen. Von ermordeten Zeugen und Journalisten, von Massenvergewaltigungen und täglichen Messerangriffen lasen wir früher mehrheitlich in Jerry-Cotton-Kriminalromanen, heute täglich in den Zeitungen. Die Täter saßen früher noch im Gefängnis, heute gibt man ihnen die Chance, weiterhin unschuldigen Menschen Schaden beizufügen. Ganz ehrlich, mir haben die früheren Zeiten eindeutig besser gefallen.