Langfristig wird sich der Fall jedoch nicht auf Österreichs Ruf im Ausland auswirken, sind sich Cwrtila und OGM-Chef Wolfgang Bachmayer sicher: Das romantische Bild mit Dirndl-Kleid und Kaiserin Sisi werde am Ende überwiegen. „Das internationale Image Österreichs wird dadurch sicher keinen Schaden nehmen“, betont Bachmayer. Tradition und Gemütlichkeit - diese Vorstellungen über die Alpenrepublik seien sehr gut gefestigt.
„Happy-Peppi“-Image
Hinzu komme möglicherweise allerdings der Image-Aspekt der Schlampigkeit, sprich „laxe Behördenkontrolle“, da der Fall so lange unentdeckt geblieben sei, betont Bachmayer. Grundsätzlich werde die Berichterstattungswelle kurz Fragezeichen aufwerfen, aber bald abebben. Mittel- bzw. langfristig werde Österreich als „Land der Musik“ und nicht als „Land der Gewalt“ da stehen.
Eine Rolle spiele auch die Größe des Landes. „Von Amerika ist man es ja schon irgendwie gewohnt“, meinte Cwrtila zur Berichterstattung über schreckliche Kriminalfälle. Österreich gelte eher als kleines Bergland und „Insel der Seligen“ mit einem „Happy-Peppi“-Image. Das Erstaunen, dass so etwas trotz dieses Rufes oder gerade deshalb passieren könne, sei sicher mit ein Grund für den Aufruhr.
Nach dem Wiederauftauchen von Natascha Kampusch habe jeder gedacht „schlimmer geht es nicht“, nun sei es doch so gekommen, so die Marketing-Expertin. Die zeitliche Nähe der beiden Fälle und ihre Einzigartigkeit seien der Grund, warum es derzeit überhaupt zu einem „Imagewandel“ komme. Am Ende werde daher der Aspekt „Es könnte überall passieren und ist ein Zufall“ übrig bleiben.
„Thema des Jahres“
Die Geschichte über Josef F. und seine Taten wird in der heimischen Öffentlichkeit aber noch lange erhalten bleiben. Darüber sind sich die beiden Marketing-Experten einig. „In Österreich haben wir das Thema des Jahres“, meinte Wolfgang Bachmayer. Da es ein Einzelfall und kein Dauerereignis sei, könnte es durchaus als Ausnahmebeispiel lange im Gedächtnis der Menschen sein: „Es hat so einen sprichwörtlichen Exempel-Charakter, wie Jack the Ripper in London“, erklärte der OGM-Chef. Dieser habe das Image von Großbritannien allerdings ebenfalls nicht beeinträchtigt.
Dies zeige auch das Beispiel Belgien, dass nach dem Fall des Kinderschänders Dutroux nicht als das gesellschaftlich verwahrloste Land gelte, in dem Sitte und Moral nicht mehr existieren würden, so Bachmayer. Den Unterschied zwischen Einzelfall und Dauerereignis zeige besonders deutlich die Mafia, die Italiens Image durchaus geprägt habe.
Im Urlaub werde man als Österreicher sicher noch Monate auf den einzigartigen Fall angesprochen, erklärte Karin Cwrtila. Nach etwa einem halben Jahr dürften die Ereignisse dann aber in den Hintergrund treten. Generell hänge dies jedoch auch stark von der weiteren Berichterstattung ab, ob zum Beispiel noch mehr Bilder veröffentlicht würden. Auf die bevorstehende EM seien keine Auswirkungen zu erwarten, diese beiden Ereignisse würden getrennt wahrgenommen.
Auch unsere Reaktionen entscheiden über Image
Von Bedeutung sei auch die Reaktion in Österreich und das Ziehen der richtigen Konsequenzen aus diesem unfassbaren Fall, betonte Bachmayer. Die Aussage „man sei geschockt, aber habe es nicht wissen können“, werde nicht ausreichen. „Man kann nur hoffen, dass innenpolitisch die richtigen Schlüsse gezogen werden“, meinte der Marketing-Experte. „Ohne Frage ist das gesamte Ereignis ein Hinweis, dass bestimmte Systeme nicht funktionieren, versagt haben.“ Eine Schlussfolgerung sei dennoch schwierig: „Die Behörde kann nicht überall ihre Augen haben und in jedes Schlafzimmer sehen“, so Bachmayer. „Es ist eine Frage der funktionierenden Gesellschaft.“
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