25. Todestag

Happel: Wo der ewige Grantler streichelweich war

Sport
12.11.2017 09:06

Genie, Eigenbrötler, Großvater - Ernst Happel war zeit seines Lebens nicht immer einfach: Echte Liebe bekam aber seine Familie zu spüren -  auch weil er selbst nie wirklich eine hatte.

Treffpunkt Hernalser Friedhof. Haupttor. Es ist ein nasskalter Vormittag. Christina Happel, Enkelin des begnadeten Fußballers, kauft noch eine Kerze. Fürs Grab vom Opa. Knapp fünf Minuten sind es bis zu dessen letzter Ruhestätte. Beigesetzt im Familiengrab seiner Ehefrau. Denn mit den Happels hatte es auch der Happel nicht so.

Geboren wird Ernst am 25. November 1925. Zu finden ist der Name des Weltklasse-Fußballers im Wiener Geburtsregister nicht. Dafür jener von Ernst Nechida, wie seine Mutter mit Mädchennamen hieß. Ein Jahr nach seiner Geburt heiratet sie Franz Happel, der Ernst als Stiefsohn annimmt. Seinen echten Vater soll Ernst Happel nie kennengelernt haben. "Gesprochen hat er nie viel über seine Familie", erzählt Enkelin Christina. Einiges ist bekannt. Stiefvater Franz ist Gewichtheber, betreibt ein Wirtshaus im neunten Bezirk - und ist selbst sein bester Kunde. Um die Mutter steht es nicht besser, weswegen der kleine Ernst ab dem vierten Lebensjahr bei der Großmutter aufwächst. Auf die Eltern ist er böse. Zur Großmutter entwickelt er Zuneigung.

Der "Opa Hamburg"
Wie viel später auch zu seinen einzigen Enkelkindern. Narrenfreiheit hätten sie gehabt, Christina und Philipp, Kinder von Ernst jun. Weihnachten gab’s immer großes Hurra, wenn der "Opa Hamburg" mit Geschenken heimkam. Eine riesige Stoffente hat Christina, die selbst gerade guter Hoffnung ist, noch heute. "Er war halt der liebe Großvater", lächelt sie. Wenn Bruder Philipp in Mannswörth ein Match hatte, war oft auch der Opa da.

Beim Gegenbesuch in Hamburg ging es in den Zoo oder auf eine heiße Schokolade ins Kaffeehaus. Das war Heimat. Casinos Ablenkung. Happel "zockte" kontrolliert. Genug war genug. Nur Eingeweihte wussten, was er meinte, wenn er "einen halben Lackschuh" verloren hatte. Ein halber Lackschuh, das waren 100.000 Schilling.

"Schleich di, Poet"
Viele Lokale brüsten sich damit, sein Stammlokal gewesen zu sein. Zwei sind verifiziert: der Jägerwirt in der Westbahnstraße und das Café Ritter in Ottakring. Wo Happel seine Kartenrunden abhielt, junge Journalisten mit einem "Schleich di, Poet" vertrieb. Sie mochte er nicht wirklich leiden, die Journalisten, die Dichter, wie er sie nannte. Er brauche niemanden, der ihm das Wort im Mund verdreht.

Die Trennung von seiner Frau war kein Geheimnis. Eine Scheidung kam nicht infrage, sonst - soll sein Sohn gesagt haben - darf er die Enkel nicht mehr sehen. Doch allein wollte Happel nicht sein. In Hamburg lebte er bei Annemarie, in Wien bei Veronika. Sie waren gut zu ihm. Nur zu Weihnachten und bei seinem Begräbnis, da hätten sie keinen Platz in seinem Leben. Das sei Familienangelegenheit. Dort war der Grantler streichelweich.

Am Montag lesen Sie: Ernst Happel, der Trainer

Anlässlich des 25. Todestages von Ernst Happel diskutiert seine Enkelin Christina Happel mit illustren Weggefährten über ihren Großvater. Live auf Facebook: 13. November 2017, 19.45 Uhr

Clemens Zavarsky, Kronen Zeitung

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(Bild: KMM)



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