Tequila & Hightech

Einblick in Forschung & Technik bei Ford

Motor
14.12.2015 23:15

Aachen ist bekannt für seine Printen (süßes Gebäck, das auch Onlinern schmeckt), für heiße Quellen, als Hauptresidenz Karls des Großen - und in Fachkreisen auch für das Forschungszentrum, das Ford dort betreibt. Dort schaffen die "Nachfahren" von Henry Ford Zukunft: für ihre Autos, aber irgendwie auch für die Welt.

(Bild: kmm)

"Einen Ford kann man in jeder Farbe bekommen, solange er grün ist", sagte Henrys Enkel Bill Ford bei der Eröffnung 1999, in Anlehnung an das wohl berühmteste Zitat seines Ahnen. Und tatsächlich wird in Aachen mit Hochdruck an umweltfreundlichen Entwicklungen geforscht, ebenso wie an Hightech-Fahrassistenzsystemen und innovativen technischen Verfahren. Einige Ingenieure haben mir einen Einblick in den Stand ihrer Forschungen gewährt.

Umweltfreundliche Werkstoffe
Bei Ford USA wird teilweise bereits Kunststoff eingesetzt, der aus den Rückständen der Ketchup-Produktion gewonnen wird - der wohl bekannteste Hersteller Heinz liefert riesige Mengen Haut und Kerne an Ford. So wird Abfall zu Rohstoff und es wird viel Erdöl gespart. Sitzpolsterungen wiederum werden zu 25 Prozent mit Soja- statt Erdöl geschäumt, das ein Abfallprodukt aus dem Futtermittelanbau in den USA ist. Aus nicht-genmanipuliertem Soja natürlich, wie Forschungsingenieurin Maira Magnani betont.

Auch aus Agavenabfällen aus der Tequila-Produktion wird Kunststoff, ebenso aus Leinen, Hanf oder Sisal, das in trockenen Regionen angebaut werden kann, wo nichts wächst - schließlich sollen Öko-Rohstoffe nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrieren.

Doch so sinnvoll solche Neuentwicklungen auch sind - immer wieder scheitert Magnani an internen Widerständen, etwa wenn die Designabteilung eine nachhaltig produzierte Motorabdeckung ablehnt, weil die Oberfläche nicht makellos ist, also keine "class A surface" darstellt.

Aluminium macht Laster leicht
Ford setzt mittlerweile exzessiv Aluminium in der Autoproduktion ein, die Karosserie des F-150-Trucks, des meistverkauften Autos der USA, besteht komplett aus Aluminium und ist dadurch im Vergleich zu Stahl über 300 kg leichter(der 5,32 m lange 4x4-Standard-Pick-up mit 3,5-Liter-V6-Motor bringt 1954 kg auf die Waage). Das wirkt sich immens auf den Spritverbrauch aus. Doch auch was das Recycling von Aluminium betrifft, geht man bei Ford einen neuen Weg. Weil unterschiedliche Qualitäten des Leichtmetalls nicht gemeinsam vollwertig wiederverwendet werden können, beschränkt man sich nun auf die Verwendung von nur vier statt zehn Sorten.

Revolutionäres Metallspritzen
Eine Art kleines Feuerwerk brennen die Ingenieure ab beim Thema Motoraufbereitung. In einem speziellen Verfahren, dem thermischen Metallspritzen, werden alte Motoren per Plasmabeschichtung wiederaufbereitet. Dazu werden die Zylinder beschichtet und dann auf den ursprünglichen Durchmesser gehont, sodass dann alle Riefen und Unebenheiten ausgeglichen sind. So ein Durchlauf ist kostengünstig, von ein paar Euro ist die Rede.

Doch das Metallspritzen wird nicht nur zur Reparatur verwendet, sondern vor allem zum Beschichten neuer Teile. Dadurch wird etwa die Haltbarkeit von Motorblöcken stark gesteigert. Auch an den CFK-Felgen des Mustang Shelby GT 350R wird auf diese Art gearbeitet, um sie mit Zirkonium-Dioxid gegen die Hitze der Bremsscheiben zu wappnen, wie Ingenieur Clemens Verpoort ausführt.

Entwicklungen Richtung autonomes Fahren
Im Ford Research and Innovation Centre in Aachen wird nicht nur an Technologien gearbeitet, die dem Autofahrer praktisch verborgen bleiben, sondern auch an Entwicklungen, die der Kunde bewusst nutzt. Dazu gehören Assistenzsysteme bis hin zum autonomen Fahren. Dennoch hält sich der Glaube an Letzteres in Grenzen: "Teilweise wird man vielleicht in 15 Jahren autonom fahren, überall aber wahrscheinlich nie", sagt etwa Entwicklungsingenieur Andreas Meyer.

BMW hat mit dem neuen 7er das erste Fahrzeug auf dem Markt, das auf Knopfdruck am Schlüssel ein- und ausparken kann, während der Fahrer. Auch Ford steht hier kurz vor der Serienreife. Noch steht allerdings nicht fest, ob man wie bei BMW auf einen überdimensionalen Autoschlüssel setzt, oder einen normal großen Schlüssel mit einer Smartphone-App kombiniert.

Im Stau soll man künftig zwar nicht nebenherlaufen können, aber immerhin die Aufmerksamkeit reduzieren. Das Auto folgt radar- und kameragesteuert dem Vordermann, beschleunigt, bremst und lenkt selbsttätig. Der Fahrer muss aus Sicherheitsgründen immer wieder das Lenkrad greifen. Wie lange er es loslassen darf, wurde noch nicht fixiert.

Beim Herausfahren aus Ausfahrten und Einmündungen unterstützen soll eine Frontkamera, die einen Blick nach links und rechts ermöglicht. Auf Knopfdruck wird das Bild der Kamera am Display dreigeteilt, was einen praktisch verzerrungsfreien 180-Grad-Blick ermöglicht. Es wäre ein Leichtes, dieses System auch am Heck einzusetzen, doch da baut Ford auf einen Querverkehrswarner. Der nutzt die im Stoßfänger angebrachten Parksensoren, piepst bei Querverkehr und zeigt eine Warnung - die taucht allerdings nicht auf dem Display der Rückfahrkamera auf, sondern am Tacho, wo man gerade garantiert nicht hinschaut. Vielleicht finden die Ingenieure da bis zur Serienreife noch eine bessere Lösung.

Auch das sind irgendwie umweltfreundliche Entwicklungen - sie verhindern im Idealfall Flurschaden.

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(Bild: kmm)



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