Das umstrittene Gesetz war vor wenigen Tagen vom türkischen Parlament verabschiedet worden. Es ermöglicht die Sperrung von Internetseiten beim Verdacht auf beleidigende, diskriminierende oder die Privatsphäre verletzende Inhalte. Journalisten- und Juristenverbände in der Türkei sowie die Europäische Union hatten das Gesetz scharf kritisiert. Die Gegner des Vorhabens hatten Gül aufgefordert, sein Veto einzulegen und den Gesetzestext zur Nachbesserung ans Parlament zurückzuschicken.
Gül erklärte auf Twitter, er sei sich bewusst, dass es in dem Gesetz "vor allem in zwei Punkten Probleme" gebe. Die Besorgnisse in diesen Fragen würden jedoch berücksichtigt werden. Nähere Erklärungen gab er nicht ab. Ein Abgeordneter der oppositionellen CHP hatte zuvor bestätigt, dass das Gesetz in einigen Punkten abgeschwächt werden solle. Dies reiche jedoch nicht aus, sagte der Politiker Akif Hamzacebi.
Laut türkischen Presseberichten hatte der islamisch-konservative Premier Erdogan den Parlamentsfraktionen am Dienstagabend vorgeschlagen, den Text in einem entscheidenden Punkt zu ändern. Demnach soll die Telekommunikationsbehörde die Justiz nun im Voraus über die geplante Schließung einer Website informieren. Die Richter haben dann 48 Stunden Zeit, dazu Stellung zu nehmen.
Die türkische Zeitung "Radikal" startete am Dienstag eine Kampagne gegen das neue Internetgesetz: Jeweils nach vier Stunden verschwanden sämtliche Texte, Fotos oder Videos von ihrer Internetseite. Gemäß dem neuen Gesetz haben Internettreiber, die von den Behörden zur Entfernung einer Information aufgefordert werden, vier Stunden Zeit, um der Aufforderung Folge zu leisten. Die Türkei gilt in Sachen Internetkontrolle und Meinungsfreiheit schon jetzt als ein besonders repressiver Staat.
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