Aus für Straßburg?
EU-Parlament: Klare Mehrheit gegen “Reisezirkus”
Die große Mehrheit kam zustande, da in der Entschließung die Reizworte "Brüssel" und "Straßburg" fehlten. Bisherige Initiativen, den monatlichen Umzug nach Straßburg zu beenden, waren wegen des Vetorechts Frankreichs immer erfolglos.
"Das EU-Parlament ist es leid, auf Geheiß der Staats- und Regierungschefs und gegen seinen Willen in Europa hin- und hergeschickt zu werden", sagte der deutsche Grünen-Abgeordnete Gerald Häfner. Die Fahrten zwischen Brüssel und Straßburg seien ein "aufgezwungener, verschwenderischer Reisezirkus".
Mölzer für Straßburg als "Zeichen gegen Zentralismus"
Wohl eher in der Minderheit, was seine persönliche Meinung zur Standortfrage betrifft, ist der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer. Wenn es nur noch einen Parlamentssitz geben würde, dann wäre Straßburg sein Favorit, da das ein Zeichen gegen den Zentralismus sei. Dieser Meinung ist auch sein FPÖ-Kollege im EU-Parlament, Franz Obermayr. "Ich begrüße die Resolution", sagte er, wobei auch er Straßburg bevorzugen würde. Grundsätzlich geht Obermayr jedoch davon aus, dass sich "so schnell nichts ändern wird".
Seit 1992 sind die Standorte Brüssel, Straßburg und Luxemburg vertraglich festgelegt. Die Dreiteilung kostet einem Parlamentsbericht zufolge jedes Jahr bis zu 204 Millionen Euro und verursacht den Ausstoß von bis zu 19.000 Tonnen Kohlendioxid.
Zwölfmal im Jahr reisen die 766 Abgeordneten und ihre Mitarbeiter für rund eine Woche von Brüssel ins etwa 400 Kilometer entfernte Straßburg zu den Plenarsitzungen. Dort arbeiten nur 100 Angestellte permanent für das EU-Parlament. In Luxemburg, wo sich ein Großteil der Verwaltung befindet, sind mehr als 2.400 Menschen für die Volksvertretung tätig, in Brüssel mehr als 4.000. Die meisten EU-Abgeordneten wohnen in der belgischen Hauptstadt, wo auch der größte Teil der Ausschüsse tagt. Der Plenarsaal in Brüssel ist wegen Reparaturen jedoch geschlossen.
EuGH gab Frankreich zuletzt Recht
Vor allem Frankreich pocht darauf, dass der offizielle Hauptsitz des Parlaments in Straßburg bleibt, und ist dafür bis vor den Europäischen Gerichtshof gezogen. Die Richter gaben im vergangenen Jahr der Regierung in Paris Recht und urteilten, dass die Wahl des Standorts laut gültigen Verträgen von den Mitgliedsstaaten entschieden wird. Ob die Abgeordneten auf absehbare Zeit ihren Arbeitsort tatsächlich frei wählen können, steht damit in den Sternen.
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