krone.at-Interview

Daxbacher: “‘Taktik ist nicht wichtig’ ist kein guter Spruch”

Sport
30.11.2012 11:48
Den LASK hat er in die Bundesliga geführt und die Austria in der bangen Zeit nach dem Stronach-Abschied auf Kurs gehalten - Karl Daxbacher. Seiner schwierigsten Aufgabe bisher stellt er sich derzeit in Linz, wo er den inzwischen schwer k.o. gegangenen LASK erneut aufrichten soll. In einem sehr offenen Gespräch erzählte der 59-Jährige krone.at über die Nöte in Linz, wieso er sich in Schwanenstadt nicht heimisch fühlt und der LASK kein zweiter GAK werden wird. Wer Taktik und Neues ablehnt, hat bei ihm zudem kein Leiberl...

krone.at: Herr Daxbacher, als Sie den LASK 2008 verlassen haben, hatten Sie als Aufsteiger mit Ihrem Team gerade eine tolle Saison hingelegt und waren auf dem sechsten Platz gelandet - jetzt, vier Jahre später, sind Sie wieder LASK-Trainer, nur zwei Klassen tiefer und ohne echte Heimstatt. Wieso tun Sie sich das an?
Karl Daxbacher: Der LASK hat mir meinen Aufstieg zum Bundesliga-Trainer und ich dem LASK den Aufstieg in die Bundesliga ermöglicht. Das war immerhin die Basis für mein Engagement bei der Austria. Ab dem Zeitpunkt hat man gewusst, dass da ein Trainer am Werk ist, von dem man sich etwas erhoffen kann...

krone.at: Ein Trainer, der was kann...
Daxbacher: Ja genau (lacht). Jetzt war ich ein halbes Jahr praktisch untätig. Dann hat sich der Herr Reichel sehr bemüht. Ich wusste natürlich, dass ich hier im LASK-Anhang zu 90 Prozent Befürworter habe, was für einen Trainer immer gut und aufbauend ist.

krone.at: So gut ist Ihr Ruf in Linz noch immer?
Daxbacher: Es haben mich einige Leute aus Linz angerufen und gesagt: "Mach! Komm! Du bist der Einzige, den wir jetzt brauchen können." Das schmeichelt einem natürlich. Zudem wollte ich einfach endlich wieder arbeiten, auch wenn es schwierig werden würde. Ich war auch vorbereitet darauf, dass einige Dinge nicht so klappen würden, wie sie sollten, und hab' mir fest vorgenommen, nicht zu lamentieren, wie schlecht nicht alles ist. Ich glaub' aber, dass mein Engagement am Ende mitgeholfen hat, dass wir erfahrene Spieler wie Hieblinger, Harding oder Vujanovic und insgesamt ein gutes Team geformt haben. Nein, ich bereue die Entscheidung nicht.

krone.at: Peter Michael Reichel hat in und um Linz - und dabei vor allem auch bei einer lautstarken Gruppe von LASK-Anhängern - keinen außerordentlich guten Ruf. Können Sie das nachvollziehen?
Daxbacher:(zögert) Na ja, er zieht halt seine Vorstellungen konsequent durch. Da ich bei vielen Dingen nicht die näheren Hintergründe kenne, kann ich nicht wirklich darüber urteilen, ob er richtig gehandelt hat oder nicht. Für den LASK war jedenfalls wichtig, dass Reichel ihn im Jahr 2000 in einer sehr schwierigen Situation übernommen hat. Ja, es gibt, das ist nicht wegzuleugnen, große Vorbehalte gegen den Präsidenten. Aber er versucht jetzt, alles in andere Hände zu geben und sich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen, um andere Möglichkeiten zu schaffen. Aber ich kenne die näheren Umstände zu wenig, ich kann das nur von der sportlichen Seite her beurteilen.

krone.at: Und wie ist da Ihr Urteil?
Daxbacher: Sportlich gesehen war die Erwartungshaltung nach mir sehr hoch nach dem super Aufstiegsjahr. Dabei war klar, dass das Leistungsvermögen der Topspieler Mayrleb, Baur und Vastic nach unten gehen würde. Durch viele Transfers, die nicht so geklappt haben, ging's dann erst recht in die andere Richtung. Klar, der Abstieg aus der Bundesliga war bitter, und jetzt die Lizenzverweigerung war der halbe K.-o.-Schlag. Der Wiederaufstieg ist schwierig.

krone.at: Ein Klub, dessen Nennung alleine bei den LASK-Fans wohl die Alarmglocken klingeln lassen wird, ist der GAK. Sehen Sie die Gefahr, dass dem LASK ein ähnliches Schicksal wie den "Roten" aus Graz drohen könnte?
Daxbacher: Aber nein, ich glaube nicht, dass die finanzielle Lage so trist ist. In sportlicher Hinsicht allerdings schon, weil man mit der Zeit in die Bedeutungslosigkeit absinkt. Es ist zwar die Tradition da, aber sportlich werden die Chancen immer geringer.

krone.at: Ein Kuriosum ist, dass Sie mit Ihrer Mannschaft heimatlos sind, man pendelt zwischen der Linzer Gugl, Traun und Schwanenstadt hin und her. Wie gehen Sie damit um?
Daxbacher: Das ist irrsinnig problematisch! Wir sind in Schwanenstadt, wo wir zweifellos super Bedingungen vorfinden, 60 Kilometer von Linz entfernt! Das kann nicht das Ziel sein, das geht auf Dauer normalerweise nicht gut. Traun wäre ja noch machbar, weil das praktisch zu Linz gehört. Nein, wir gehören grundsätzlich einmal ins Stadion zurück, zumindest von den Spielen her. Uns müssten halt bessere Konditionen eingeräumt werden, sonst ist es einfach zu teuer für einen Regionalliga-Klub. Es gehören einfach Gespräche geführt, um wieder einen gemeinsamen Zugang zu der Sache zu finden. Es ist da anscheinend einiges an Porzellan zerschlagen worden in den vergangenen Jahren. Es tut schon weh, wenn man ausziehen muss, wo man jahrzehntelang daheim war.

krone.at: Unmittelbar im Zusammenhang mit dem Wirken des Managements steht auch die Zusammenstellung des Kaders. Jetzt gibt es einerseits Begehrlichkeiten nach Ihrem Topgoalgetter Vujanovic sowie andererseits die auf Profifußball hungrigen Brasilianer Silvio und Luiz Henrique. Wird man geschwächt ins Frühjahr gehen?
Daxbacher: Beim Silvio gibt's Probleme, der ist nach Brasilien geflogen und kehrt möglicherweise nicht mehr zurück. Bei Luiz Henrique ist es so, dass er natürlich gerne in eine höhere Liga wechseln würde, er hat aber einen Vertrag. Und bei Vujanovic... ich glaub', dass wir den im Frühjahr noch halten werden, und dann entscheiden wir abhängig von Aufstieg/Nicht-Aufstieg, wie es weiter geht. Ich hoffe natürlich, dass wir nicht großartig geschwächt ins Frühjahr gehen müssen. So gut sind die Chancen bei vier Punkten Rückstand ja schon jetzt nicht. So wie ich den Präsidenten kenne, wird er schon alles daransetzen, dass wir zumindest Ersatz finden für etwaige Abgänge.

krone.at: Wie präsent ist in Ihrem Hinterkopf dabei der Gedanke daran, dass Sie mit dem LASK auch als Tabellenzweiter in die Relegationsduelle um den Aufstieg in die Erste Liga gehen könnten, wenn Red-Bull-Satellit Pasching als Erster nicht gegen Red-Bull-Satellit Liefering aus der Regionalliga West antreten darf?
Daxbacher: Präsent ist dieses Thema nicht sehr, ausgegraben hat es eigentlich erst der Peter Svetits. Das ist zwar ein neuer Aspekt für uns, aber wir wollen uns da nicht großartig anhängen. Von der Optik her wäre es natürlich nicht gut, wenn so eine Situation eintritt und man das Gefühl hat: "Die können sich jetzt ausmachen, wer aufsteigt!" Wobei ja gar nicht gesagt ist, dass Pasching vom Aufstieg zurücktritt - es könnte ja auch Liefering verzichten.

krone.at: Stichwort Ried. Sie wurden und werden als Kandidat auf die Nachfolge von Heinz Fuchsbichler als Ried-Coach kolportiert. Was ist da dran?
Daxbacher: Es hat zwar ein Gespräch gegeben, aber das war letzten Endes nicht ganz konkret - es ist nicht über Details geredet worden, sprich Gehalt usw. Wir waren uns auch der Problematik bewusst, von wegen der Rivalität LASK gegen Ried. Bei mir gäbe es zwar eine Ausstiegsklausel, aber die müsste auch finanziell abgegolten werden. Man wird jetzt weitersehen, aber ich glaub' grundsätzlich, dass es ein anderer werden wird (lacht).

krone.at: Sie sind jetzt 59 Jahre alt, stehen also relativ kurz vor einem "Runden" - bekümmert Sie dieser Anlass angesichts des Jugendwahns in der Bundesliga?
Daxbacher: Ehrlich gesagt hab' ich mich mit der Problematik noch gar nicht beschäftigt (lacht). Es ist im Moment zweifellos so, dass junge, dynamische Trainer - möglichst noch aus Deutschland - im Fokus stehen. Aber da kann es auch bald wieder einen Schwenk geben, denn wenn es bei einer Mannschaft nicht klappt, dann heißt es schnell, "der schimpft zu viel", wenn er ein autoritärer Trainer ist, oder wenn er ein antiautoritärer Trainer ist, "der ist zu weich". Daher geb' ich auf das gar nicht recht viel.

krone.at: Was in diesem Zusammenhang oft mitschwingt, ist eine Gegenüberstellung zwischen dem Konstrukt Konzepttrainer versus "alter Depp". Wie stehen Sie dazu?
Daxbacher: Naja, unbestritten ist, dass man sich viel mehr prozentig überzeugt. Wenn ich an meine Zeit als Spieler, die allerdings schon sehr weit zurückliegt, denke, dann muss ich schon sagen, dass die Entwicklung da enorm war. Und dem darf man sich auf keinen Fall verschließen. Zu sagen "Taktik ist nicht so wichtig", das ist kein guter Spruch. Ich find', wenn man nicht offen ist für Neuerungen und Angst vor dem Neuen hat, dann gehört man wirklich zum alten Eisen. Es geht sehr oft aber auch einfach um die Menschenführung. Ich kann's echt nicht mehr hören, wenn manche immerzu von Ernst Happel reden. Das war eine andere Zeit!

krone.at. Würde Ernst Happel heutzutage nicht mehr funktionieren Ihrer Meinung nach?
Daxbacher: In der Form glaub' ich nicht, er wäre überhaupt nicht zeitgemäß. Sicher, er war ein Toptrainer zu seiner Zeit und hat viele Dinge intuitiv erkannt. Aber gut, mit diesen Vergleichen kann ich sowieso nichts anfangen, darum will ich auch nicht mit der 78er-Generation verglichen werden. Die hat man alle in die Schublade gesteckt, wonach sie in der Vergangenheit leben und eh nur über ihre Erfolge von damals reden.

krone.at: In eine Schublade wurde auch der neue Teamchef bei seiner Bestellung gesteckt...
Daxbacher: Diese Ablehnung im Vorhinein! Für mich war das völlig unverständlich. Wie kann ich einen Menschen, den ich nicht einmal gescheit kenne und von dem ich nicht weiß, wie er arbeitet, ablehnen? Nur weil er ein Schweizer ist? Oder weil er nie Europacup-Sieger geworden ist? Das ist für mich nicht nachvollziehbar.

krone.at: Wie ist das generell so mit der Zukunftsplanung bei Ihnen? Haben Sie so etwas wie eine Karriere-Deadline, also einen Zeitpunkt, von dem Sie von sich aus sagen, "da will ich nicht mehr als Trainer arbeiten"? Ist Schluss mit 80?
Daxbacher:(lacht) Das Ende könnte mit 60 auch schon kommen. Im Ernst: Nein, ich lass' das auf mich zukommen...

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(Bild: KMM)



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