Sarkozy vs. Hollande
F: Knallharter Schlagabtausch bei TV-Duell
Vier Tage vor der Präsidentenwahl konnte Sarkozy im TV-Duell seinem Herausforderer Hollande keinen K.-o.-Schlag versetzten. Viele Beobachter hatten im Vorfeld erklärt, Sarkozy müsse angesichts seines deutlichen Rückstands auf Hollande mächtig punkten, um bei der Stichwahl am 6. Mai doch noch wiedergewählt zu werden.
Das erste und einzige direkte Duell der Präsidentschaftskandidaten war von Anfang an durch einen offensiven Ton geprägt. Der 57-jährige Sarkozy versuchte mit Angriffen auf das Zahlenwerk im Wahlprogramm seines gleichaltrigen Kontrahenten zu punkten. Hollande dagegen konterte mit Hinweisen auf die Regierungsbilanz des um eine zweite Amtszeit kämpfenden Staatschefs - und die hohen Arbeitslosenzahlen.
Sarkozy: "Wir stecken in vielen Krisen"
Hollande sagte gleich zu Beginn, er wolle ein Präsident sein, der das Land zusammenführe. Sarkozy verwies in seiner Eingangserklärung auf die historische Dimension der Wahl am Sonntag: "Frankreich darf keinen Fehler machen: Wir stecken nicht in einer Krise, wir stecken in vielen Krisen." In den folgenden eineinhalb Stunden dominierte das Thema Wirtschaft.
Die Pläne der Wahlkämpfer zum Abbau des französischen Budgetdefizits standen im Zentrum der von Millionen Franzosen verfolgten Debatte. Beide bezogen sich in ihren Reden mehrfach auf Deutschland und dessen wirtschaftliche Bilanz.
Hollande: "Deutschland hat es besser gemacht als wir"
Mit Blick auf die Arbeitslosigkeit von rund zehn Prozent in Frankreich zitierte Hollande das Vorbild Deutschland: "Unsere Arbeitslosigkeit ist gestiegen, unsere Wettbewerbsfähigkeit ist gesunkenn und Deutschland hat es besser gemacht als wir." Sarkozy erinnerte seinen Rivalen in der Folge daran, dass dieser Maßnahmen nach deutschem Vorbild - wie die Schuldenbremse - ablehne.
Hollande warf dem Präsidenten vor, bei den Verhandlungen zum Fiskalpakt Deutschland nachgegeben zu haben, "ohne etwas dafür zu bekommen". Sarkozy entgegnete, er habe indirekt beim Dreiertreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Italiens Ministerpräsident Mario Monti im Herbst die niedrigen Zinssätze der Europäischen Zentralbank durchgesetzt. "Herr Hollande kennt Europa schlecht, er weiß nicht, dass man in Europa nicht von oben entscheiden kann, dass Kompromisse geschlossen werden müssen", kritisierte Sarkozy.
Sarkozy plant nach deutschem Vorbild die Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung. Hollande will unter anderem den Fiskalpakt neu verhandeln und bis Ende 2012 die französischen Truppen aus Afghanistan abziehen. Sarkozy hält beide Vorschläge für unverantwortlich.
Hollande will Spitzenverdiener höher belasten
Hollande will zudem Spitzenverdiener deutlich höher belasten, projektbezogene Eurobonds einführen und die Rolle der Europäischen Zentralbank ausweiten, um das Wachstum anzukurbeln. "Selbst von der deutschen Seite gibt es dazu schon eine neue Geisteshaltung", behauptete er.
In der Innenpolitik hielt der Sozialist an seinem Vorschlag fest, Ausländern das kommunale Wahlrecht zu geben. Dafür sei er sogar zu einem Referendum bereit. Von Muslimen geforderte unterschiedliche Öffnungszeiten in Schwimmbädern für Männer und Frauen solle es aber nicht geben. Auch nach muslimischem Ritus geschlachtetes Fleisch in Schulkantinen lehnte Hollande ab.
AKWs: Sarkozy lobt "französischen Trumpf"
Im Bereich der Atompolitik verteidigte der Präsident die 58 Kernreaktoren des Landes mit den Worten: "Die Atomenergie ist ein französischer Trumpf - unsere deutschen Freunde zahlen 35 Prozent mehr für ihren Strom als wir." Deutschland habe im Bereich der erneuerbaren Energie knapp 250.000 Arbeitsplätze, Frankreich 50.000", konterte Hollande, der bei seiner Wahl das AKW Fessenheim an der deutsch-französischen Grenze schließen will. Es ist das älteste des Landes.
Beobachter sprachen von einer angespannten Atmosphäre beim TV-Duell. Der Meinungsforscher Frederic Dabi vom Ifop-Institut sagte zur Halbzeit, Sarkozy spreche Hollande auf "etwas lehrerhafte Art" die Fähigkeit ab, das Land zu regieren. Die Strategie des Präsidenten, der seinen Herausforderer der "Lüge" bezichtigte, sei riskant.
Die Parteien der beiden Kandidaten sahen jeweils ihren Favoriten im Vorteil. "Der sozialistische Kandidat ist, was die Genauigkeit und Qualität angeht, Nicolas Sarkozy deutlich unterlegen", sagte der Abgeordnete Bernard Debre von der konservativen UMP. Hollandes Sprecherin Najat Vallaud-Belkacem lobte die unbeirrbare Haltung des Sozialisten, der seinem Gegner direkt in die Augen schaue.
Zweite Wahlrunde am Sonntag
In der zweiten Runde der französischen Präsidentenwahl sind am kommenden Wochenende rund 46 Millionen Franzosen aufgerufen, das Staatsoberhaupt für die kommenden fünf Jahre zu wählen. Sollte Hollande gewinnen, käme 17 Jahre nach dem Ende der Amtszeit von Francois Mitterrand erstmals wieder ein Sozialist an die Macht.
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