Studie zeigt:

Längeres Studium schreckt Lehrer in spe nicht ab

Österreich
29.10.2023 09:22

2015/16 bzw. 2016/17 fand in Österreich eine grundlegende Reform der Lehrerausbildung statt, mit der das Studium u.a. länger und Fachwissenschaft wichtiger wurde. Wegen des Personalmangels wird aktuell an einer Reform der Reform gearbeitet, die Ausbildung soll wieder kürzer und praxisnäher werden. Kritiker hatten schon vor Einführung der „PädagogInnenbildung NEU“ gewarnt, dass man damit Interessenten vergräme. Eine Studie der Uni Linz sieht indes keinen abschreckenden Effekt.

Mit der neuen Lehrerausbildung hat sich die Studiendauer für Volksschullehrer an den Pädagogischen Hochschulen (PH) auf fünf Jahre fast verdoppelt. Lehrer für Mittel-, Sonder- und Polytechnische Schulen wurden davor innerhalb von drei Jahren an den PH ausgebildet, seither sind es für alle Lehrer der Sekundarstufe sechs Jahre von PH und Unis gemeinsam in sogenannten Verbünden. Auch für die früher rein von den Unis ausgebildeten AHS- und BMHS-Lehrer wurde das Studium länger, früher waren es neun Semestern zuzüglich eines einjährigen Unterrichtspraktikums.

Vermeintlich „abschreckende“ Wirkung verpuffte schnell
Im ersten Jahr brachte diese Umstellung laut der Studie eines Teams um Herbert Altrichter (Uni Linz) im Volksschulbereich zwar ein im Vergleich zu früheren Jahren deutliches, bei der Sekundarstufe nicht ganz so deutliches Minus bei den Anfängerzahlen. Doch sollte das mit einer „abschreckenden“ Wirkung der Reform auf Kurzstudium-Anhänger zu tun gehabt haben, „dann deuten die Ergebnisse darauf hin, dass dieser Effekt jedenfalls nicht langfristig war und schnell wieder verpuffte“, heißt es in der Fachzeitschrift „Erziehung und Unterricht“ veröffentlichten Untersuchung. Schon im Folgejahr sei es nämlich wieder zu einem Anstieg und damit „einer gewissen Stabilisierung der Entwicklung“ gekommen, ergab die Analyse der Studienanfänger-Zahlen der Jahre 2007/08 bis 2021/22.

Zusammensetzung der Studierenden änderte sich kaum
In der Studie wurde außerdem untersucht, ob sich durch die Reform die Zusammensetzung der Lehramtsstudierenden geändert hat. Die AHS- und BMHS-Lehrerausbildung an den Unis wurde laut Studie vergleichsweise oft von AHS-Absolventen aus Akademikerfamilien mit Interesse am Fach gewählt. Die kürzere Ausbildung an den PHs mit dem „Image des vermeintlich leichteren“ Studiums hat wiederum vergleichsweise mehr Frauen mit Eltern ohne Hochschulabschluss oder -reife angezogen, die nicht an einer AHS und mit schlechteren Noten maturiert haben. In den Daten der Hochschulstatistik (Frauenanteil, AHS- oder BHS-Matura) sowie einer Befragung von oberösterreichischen Lehramtsstudierenden für die Sekundarstufe direkt vor bzw. nach der Umstellung der Lehrerausbildung fanden die Studienautoren keine Hinweise darauf, dass sich die Zusammensetzung der Studierenden etwa in Bezug auf Migrationshintergrund, Alltagssprache oder Bildung der Eltern verändert hätte.

Dropoutzahlen könnten steigen
Das „Rekrutierungsmuster“ für den Lehrberuf sei anscheinend so stabil, dass die Reform weder zu einem nachhaltigen Einbruch der Studierendenzahlen geführt noch die soziodemografische Zusammensetzung der Studierenden grundlegend verändert habe, so die Studienautoren. Die Aussagekraft der Studierendenerhebung werde allerdings dadurch eingeschränkt, dass dafür mit der ersten Kohorte nach der Reform ein ganz besonderer Jahrgang befragt wurde. Außerdem sei es durchaus möglich, dass die Dropoutzahlen, die bei den früheren Kurzstudien sehr gering waren, in der längeren und akademisierten Ausbildung höher sind und vor allem jene betreffen, die früher eine kürzere Ausbildung gewählt hätten.

Gleichzeitig müsse man wegen der „Stabilität des Rekrutierungsmusters“ aber auch davon ausgehen, dass eine bloße Verkürzung des Studiums nicht zu mehr Interessenten führen würde, warnen die Studienautoren. Wolle man neue Zielgruppen wie Menschen mit Migrationshintergrund oder technischen bzw. unternehmerischen Interessen erreichen, bräuchte es „konzertierte Aktionen auf mehreren Ebenen“ wie gezielte Rekrutierung, aber auch veränderte Arbeitsbedingungen und eine veränderte Qualifikation des Personals in der Lehrerausbildung.

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