Max Verstappen eilt von Sieg zu Sieg! Drastische Eingriffe ins Regelwerk, um Red Bull einzubremsen, würden die DNA der Formel 1 verletzen. „Wir sind ein purer Sport und wir dürfen Exzellenz nicht bestrafen“, betont Alexander Wurz.
Dass die Überlegenheit von Verstappen und Red Bull vielen geradezu unheimlich ist, liegt irgendwie auf der Hand. Der Niederländer gewann am Sonntag in Spielberg seinen fünften Grand Prix in Folge und zog nach insgesamt sieben Siegen in neun Rennen in der Weltmeisterschaft mit einem 81-Punkte-Vorsprung davon. Der Zweitplatzierte Charles Leclerc lag in seinem Ferrari 5,2 Sekunden zurück, kam aber nur so nahe, weil Verstappen vor dem letzten Umlauf noch einmal weiche Reifen aufziehen ließ, um mit der Zielflagge den Extrapunkt für die schnellste Runde abzugreifen.
Horner: „Verstappen hat Charles gewunken“
„Er hat Charles glaube ich sogar gewunken, als er ihn überholt hat. Es war ein unfassbares Wochenende von ihm. Der Abstand war wieder groß, auf einer Strecke, die im Wesentlichen sieben Kurven hat“, zeigte sich Red-Bull-Teamchef Christian Horner beeindruckt. „Das ganze Wochenende war eine unglaubliche Performance vom gesamten Team“, betonte Motorsport-Konsulent Helmut Marko. „Es war ein unglaubliches Wochenende, das war so nicht zu erwarten“, sagte Verstappen selbst. Holt er im Schnitt weiterhin so viele Punkte wie bisher und die schärfsten Rivalen so wenig, kann er schon Anfang Oktober in Doha oder sogar noch Ende September in Japan den dritten WM-Titel fixieren.
Angesichts dieser Dominanz ist es nicht verwunderlich, dass die Konkurrenz und neutrale Beobachter Gedankenspiele anstellen, wie man Red Bull regeltechnisch einbremsen und näher an das Niveau der übrigen Teams heranführen könnte. Eine Möglichkeit wäre ein System wie die „Balance of Performance“ (BoP), mit dem in anderen Serien unterschiedliche Antriebe oder Fahrzeuge auf ein zumindest ähnliches Leistungslevel gebracht werden sollen. Die DTM beispielsweise praktiziert das jahrelang.
Wurz warnt vor „zu großem Eingriff in DNA“
Doch diese Reglementierung ist umstritten. Die Technik dahinter ist aufwendig und lässt Raum für Intransparenz. Der Öffentlichkeit die verschiedenen Gewichtungen der BoP und die Ideen dahinter so zu erklären, dass keine Diskussionen entstehen, ist fast unmöglich. Nach Rennen blieben immer Fragen und Zweifel. Auch Ex-Formel-1-Pilot Alexander Wurz würde davon abraten. „Wir sind ein purer Sport und wir dürfen Exzellenz nicht bestrafen. Das wäre ein bisschen ein zu großer Eingriff in die DNA“, sagte der nunmehrige ORF-Experte.
Wurz spricht damit einen wichtigen Punkt an. Wenn ein Team derart überlegen ist wie aktuell Red Bull Racing, beruht das zu einem großen Teil auch auf überragenden Leistungen der Ingenieure. Das zu bestrafen, wäre noch weniger darstellbar und speziell in dem für die Formel 1 so wichtigen US-Markt ein Handicap. Dort gelten im Teamsport zwar adaptierte Rahmenbedingungen wie die Deckelung der Gehaltsausgaben oder der Draft-Modus als legitim, um ein gleicheres Spielfeld zu schaffen. Auf dem Spielfeld selbst sind künstliche Eingriffe, die dem Geist des freien Wettbewerbs schaden, allerdings verpönt. Chancengleichheit statt Ergebnisgleichheit.
Kostenobergrenze
De facto ist in der Formel 1 mit der Kostenobergrenze ein solches Instrument bereits verwirklicht. Die erfolgreichen Teams haben weniger Zeit und Geld für die Entwicklung zur Verfügung als die Nachzügler. Red Bull ist sich dessen bewusst und entwickelt fast nur noch das Auto für nächstes Jahr. „Das bedeutet, 2023 sehr wenig in die Entwicklung zu stecken. Zum Glück haben wir seit dem Start so ein starkes Auto“, weiß Horner.
Diesen Nachteil aus Sicht der Konkurrenz wieder aufzuholen, dauert zwar - ist aber machbar, wenn die Regeln über längere Zeit gleich bleiben. „Man muss hier ein bisschen Geduld haben“, meinte Wurz. „Die Stabilität des Reglements wird die schnellste Art und Weise sein, damit die anderen aufschließen. Wir haben gerade das Phänomen, dass die anderen Teams alle zusammen nicht ideal gearbeitet haben und Red Bull überoptimal.“ Wenn dann auch noch so ein Ausnahmetalent wie Max Verstappen am Lenkrad dreht, ist es nicht mehr weit zur Dominanz. Langfristig haben der Formel 1 ausgedehnte Phasen der Überlegenheit eines Teams bis jetzt aber nicht wirklich geschadet.
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