Edward Snowden

Milliarden ausspioniert: Zehn Jahre NSA-Skandal

Web
05.06.2023 14:16

Seine Enthüllungen sandten Schockwellen rund um den Globus: Vor zehn Jahren machte Edward Snowden publik, dass der US-Geheimdienst NSA Kommunikations- und Privatdaten von Menschen überall auf der Welt ausspionierte. Der Whistleblower zahlte dafür einen hohen Preis. Bis heute muss der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter in Russland leben, denn in seiner Heimat droht ihm Gefängnis.

„Er würde lieber woanders sein“, sagt Ben Wizner, einer von Snowdens Anwälten. „Und wir beide wünschten uns, dass es eine andere Wahl gäbe als die zwischen einer Hochsicherheits-Gefängniszelle und einem Leben in Russland.“

Von dort aus setzt sich der inzwischen 39-jährige Snowden immer noch für einen besseren Schutz der Privatsphäre ein. Mit seiner ebenfalls aus den USA stammenden Frau und den beiden in Russland geborenen Söhnen lebt der Whistleblower in Moskau und verdient seinen Lebensunterhalt mit Reden und Beratung.

Snowden hatte als Systemadministrator für die National Security Agency (NSA) gearbeitet. Dabei lud er Tausende geheime Dokumenten herunter, die das Ausmaß der globalen Datenerfassung zeigen, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 begann.

„Grundlegende Freiheiten zerstört“
Der damals 29-Jährige übergab das brisante Material in Hongkong an Journalisten, die es ab dem 5. Juni 2013 veröffentlichten. Er könne nicht guten Gewissens zulassen, dass die US-Regierung überall auf der Welt „das Privatleben, die Internetfreiheit und grundlegende Freiheiten“ zerstöre, begründete Snowden seine Enthüllungen.

Die Dokumente zeigten, wie die NSA zusammen mit dem britischen und anderen Geheimdiensten Daten von Milliarden unbescholtenen Menschen speicherte, von Facebook-Einträgen bis zu Telefonaten. Es wurde offensichtlich, dass praktisch niemand vor den elektronischen Schnüffeleien sicher war.

Mit einem Programm namens „Prism“ wurden Nutzerdaten von Internetgiganten wie Google und Facebook gesammelt - mit oder ohne Zustimmung der Konzerne. Auch die Anrufdaten des US-Mobilfunkanbieters Verizon wurden angezapft. Snowden enthüllte zudem, dass der britische Dienst GCHQ mithilfe der NSA den gesamten Datenverkehr über die großen Unterseekommunikationskabel abfing. GCHQ nahm heimlich Millionen Bilder von Computerkameras auf, während die Nutzer an Yahoo-Webcam-Chats teilnahmen.

Abhören unter Freunden
Snowdens Enthüllungen sorgten für viel Entrüstung - auch bei Partnerregierungen der USA. „Abhören unter Freunden - das geht gar nicht“, sagte die damalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Berichten, dass auch ihr Handy ausspioniert worden sei. Später stellte sich allerdings heraus, dass auch der deutsche Bundesnachrichtendienst Ziele in befreundeten Staaten ausspionierte. Dies rief dann auch die österreichische Regierungsspitze auf den Plan.

„Ein Ausspionieren unter befreundeten Staaten ist nicht nur unüblich und unerwünscht, es ist auch nicht akzeptabel“, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz an im Juni 2018 in Richtung Deutschland.

Bürgerliche Freiheiten gestärkt
Die US-Geheimdienste warfen Snowden vor, die Terrorismusbekämpfung zu sabotieren und den Feinden der Vereinigten Staaten zu helfen. Ihre Überwachung habe Dutzende Anschläge verhindert, rechtfertigten sie sich. Snowden habe die Arbeit der NSA erschwert, indem er Internet- und Mobilfunkfirmen, App-Hersteller und andere dazu gebracht habe, ihre Daten zu verschlüsseln, kritisierte 2016 der damalige Nationale Geheimdienstdirektor der USA, James Clapper.

Zehn Jahre nach Snowdens Enthüllungen sammeln die US-Geheimdienste zwar immer noch riesige Mengen privater elektronischer Daten. Doch wurden inzwischen der Schutz der Privatsphäre in Europa und den USA vorangetrieben und der Einsatz von Verschlüsselung beschleunigt. „In fast allen westlichen Demokratien gab es eine historische Debatte über das Verhältnis zwischen den Bürgern und den staatlichen Massenüberwachungsprogrammen“, sagt Anwalt Wizner, der für die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU arbeitet.

Wizner ist jedoch überzeugt, dass Snowdens Enthüllungen die bürgerlichen Freiheiten gestärkt haben. Snowden zwang das Weiße Haus, den US-Kongress und die Gerichte zu einer Kurskorrektur bei Spionageaktivitäten, die im Geheimen gebilligt worden waren. Befugnisse des NSA wurden beschnitten und manche Programme gestoppt.

2018 setzte die EU die Datenschutz-Grundverordnung um, die den Umgang mit Nutzerdaten regelt. Auf Grundlage der Verordnung wurde der Facebook-Mutterkonzern Meta in diesem Mai in Irland zu einer Geldstrafe in Höhe von 1,2 Milliarden Euro verurteilt, weil er die Daten europäischer Nutzer nicht vor dem Zugriff der US-Geheimdienste geschützt hatte.

„Mit anderen Mitteln“ zum Ziel
Die auf Bürgerrechte spezialisierte US-Journalistin Marcy Wheeler beurteilt die Folgen von Snowdens Enthüllungen allerdings weniger positiv: Die NSA hole sich die Daten, die sie brauche, nun einfach „mit anderen Mitteln“, sagt sie.

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