Steirischer IV-Boss:

„Zukunft der Gasversorgung liegt im Süden“

Steiermark
11.09.2022 08:00

Lieferkettenproblematik, Energiekrise, zahnlose EU-Politik: Stefan Stolitzka, Präsident der steirischen Industriellenvereinigung, blickt im „Krone“-Interview mit Sorge auf die nächsten Monate und rechnet fix mit Putins Gas-Stopp.

Rund die Hälfte der Steirer sind direkt oder indirekt in der Industrie beschäftigt. Wie ernst ist die Lage angesichts der Energiekrise?

Wir sind aktuell in einer Situation, die uns in den nächsten Monaten in eine dramatische Zukunft führen wird. Einerseits kämpfen wir durch die Pandemie noch immer mit der weltweiten Lieferkettenproblematik. Hinzu kommt der schreckliche Krieg in der Ukraine, der wirtschaftlich gesehen - Stichwort Energiekrise - hauptsächlich ein europäisches Problem ist. Das macht natürlich die Situation für die energieintensive steirische Industrie sehr schwierig. Auf kurz oder lang können wir Produkte unter diesen Energiepreisen am internationalen Markt nicht mehr absetzen.

Welche Sparten sind besonders betroffen, werden Produktionen schon heruntergefahren?

Ja, das gab und gibt es schon in einigen Betrieben und bei vielen steht es noch bevor. Besonders betroffen sind unter anderem der Automotive-Sektor oder alles im Bereich Gesteine und Glas. Aber Strom braucht jeder Betrieb und der Strompreis wird speziell im Winter vom Gaspreis bestimmt. Was viele nicht wissen: Wir haben in Österreich im Winter teils eine Stromversorgung durch Gas von bis zu 50 Prozent, weil die Wasserkraftwerke zu wenig erzeugen können. Aktuell ist der Strompreis zum Beispiel schon sechsmal so hoch wie im Vorjahr!

Wie würde sich ein Gas-Stopp seitens Russland auswirken?

Wir müssen von russischer Seite mit einem kompletten Gas-Stopp rechnen. Es wird ja schon seit Monaten Gas eingelagert und diese Bevorratung würde uns über eine gewisse Zeit hinwegzukommen. Aber es geht ja auch um die Preise: Wenn die Verfügbarkeit nicht mehr gegeben ist, werden die Preise so hoch, dass die Produkte nicht mehr abgenommen werden. Die Auswirkungen wären unfassbar, an einem Unternehmen hängen ja unzählige andere. Uns droht eine deutlich zunehmende Rezession.

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Wir erleben bereits einen Wohlstandsverlust und die Situation wird sich nicht so schnell ändern. Aber: wir haben in der Steiermark eine innere Gewissheit die uns sagt, dass wir schon viele große Krisen gemeistert haben.

IV-Boss Stefan Stolitzka gibt sich trotz schwieriger Lage optimistisch

Der EU-Energiegipfel am Freitag scheint ja dahingehend kein großes Aufatmen gebracht zu haben

Das hat überhaupt nichts gebracht, alle wichtigen Themen wurden auf die lange Bank geschoben. Der Winter steht bevor, es ist vorhersehbar, dass Putin den Gashahn zudreht und es werden keine Maßnahmen getroffen - das ist erschütternd. Ein ganz wesentlicher Punkt wäre die Umgestaltung des Merit-Order-Prinzips, sprich die Entkoppelung des Strompreises vom Gaspreis. Wir müssen uns eingestehen, das wir leider noch weiterhin vom russischen Gas abhängig sind.

Kann die steirische Landespolitik in dieser komplexen, internationalen Gemengelage überhaupt etwas bewirken?

Sie kann sogar sehr viel tun und wir stehen auch in engem Austausch mit der Landesregierung. Zunächst wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die Gasversorgung aus dem Süden auszubauen. Wir hätten die Möglichkeit, binnen zwei Jahren die komplette Gasversorgung über die Südseite abzusichern, da liegt der Landesregierung ein Konzept vor und letzten Endes muss der Bund die entsprechenden Vereinbarungen schaffen.

Wie sieht es beim Ausbau erneuerbarer Energie aus?

Das ist der zweite wesentliche Punkt auf Landesebene. Die Steiermark ist sehr weit in der Feststellung, wo Fotovoltaik und Windkraft ausgebaut werden kann, aber wir brauchen die Genehmigungen viel, viel schneller.

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