„Krone“-Reisereportage

Perlenfischen im kleinen Inselkönigreich Bahrain

Reisen & Urlaub
08.02.2022 08:00

Das kleine Inselkönigreich Bahrain hat neben einer prächtigen Skyline und alter Kultur auch eine lange Tradition des Perlenfischens. Besucher können selbst nach den Meeresschätzen tauchen.

Talal Ibrahim Mattar tischt im weißen Thawb, dem traditionellen Gewand, Datteln und arabischen Kaffee in seinem kleinen Büro in einem Einkaufscenter mitten in Bahrain auf. Dann öffnet er ein rotes Samtsäckchen, gefüllt mit Tausenden weiß schimmernden Perlen. Die Augen der Kollegen strahlen. „Diese Perlen haben keinen allzu hohen Wert, sie weisen kleine Makel auf“, erklärt der Händler. „Der Wert liegt in ihrer Einzigartigkeit.“ Für uns sehen sie perfekt aus. Immerhin wird jede dieser Naturperlen mit einigen tausend Euro gehandelt.

Das Inselkönigreich Bahrain, das in etwa die Größe von Ibiza hat, ist nach wie vor das weltweit wichtigste Handelszentrum für Naturperlen. Der Verkauf von Zuchtperlen ist strengstens verboten - jede Perle, die in Bahrain über den Ladentisch geht, besitzt ein Echtheitszertifikat.

Mattar ist Perlenhändler in sechster Generation. Er führt bis heute das älteste und angesehenste Juweliergeschäft in der Stadt Manama. Schon der französische Juwelier Jacques Cartier kaufte bei den Mattars ein. Ein verblasstes Foto seines Urgroßvaters Salman an der Wand ist stummer Zeuge der einstigen Hochphase, in der Perlen noch wertvoller als Diamanten waren.

Bahrain bedeutet auf Arabisch „zwei Seen“ - das salzige Meerwasser des Arabischen Golfs und das süße Grundwasser, das vom Meeresboden austritt. Diese Kombination ist für den schönen Glanz der Perlen verantwortlich. Eine Muschel rotiert die heranwachsende Perle ständig, wodurch diese ihre runde, glatte Oberfläche erhält. Die Süßwasservorkommen Bahrains sind einzigartig in der Golfregion und waren der Grund für ein einstmals außergewöhnliches Naturparadies. Doch der Kanal ist nahezu ausgetrocknet, die einstigen saftigen Dattelpalmenhaine verdorrt. Eine der Folgen der Landgewinnung.

Jahrhundertelang war Bahrain das Zentrum der Perlenfischerei, der damaligen Haupteinnahmequelle der Insel - lange bevor das Erdöl entdeckt wurde. Im 19. Jh. verbrachten 30.000 Perlenfischer bis zu vier Monate auf ihren Dhaus, den traditionellen Holzbooten, auf dem Meer. Sie riskierten dafür ihre Gesundheit und ihr Leben. Tausende Austern mussten für die Suche nach einer einzigen Perle geöffnet werden.

Auf dem 3,5 km langen Erlebnisweg „Pearling Trail“, in den schmalen Gassen der Altstadt Muharraq, geben historische Gebäude Auskunft über die Geschichte des Perlentauchens. Im Jahr 2012 wurde der Perlenwanderweg zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Touristen ist es erlaubt, in einer geführten Tour selbst nach den Austernbänken zu tauchen. Bis zu 50 Muscheln dürfen pro Person im Korb landen. Nach den Schätzen des Meeres zu tauchen ist ein wahres Abenteuer - auch wenn sich nur selten eine Perle darin finden lässt.

Abseits des Perlenrausches kann man in der Hauptstadt Manama die einzigartige Architektur und Kultur genießen. Noch vor einigen Jahren führte Bahrain ein Schattendasein neben den Metropolen Abu Dhabi und Dubai. Doch die kleine Monarchie hat heute viel zu bieten: Die schillernde Skyline ist geprägt von gigantischen Hochhäusern, Luxushotels sowie den segelförmigen Zwillingstürmen des World Trade Centers, die sich 240 Meter über der Hauptstadt erheben. Ihre Architektur erinnert an die traditionellen arabischen Handelsschiffe. Entlang der Bahrain Bay lockt eine moderne Shopping-Promenade zum Flanieren - mit tollem Blick auf das World Trade Center. Die islamische Religion bestimmt den Alltag - jedoch in einer toleranteren, liberalen Form. Ein Ausflug in die große Al-Fatih-Moschee ist beeindruckend.

Ein wahres Naturwunder des kleinen Königreichs ist der Schadscharat al-Haya, der „Baum des Lebens“. Seit über 400 Jahren trotzt der Mesquite-Baum seiner kargen Umgebung. Einsam auf einer Düne, mitten in der Wüste, umgeben von Pipelines und Ölpumpen. Bis heute ist nicht geklärt, woher der Baum sein Wasser bezieht.

Hinter dem mächtigen Tor Bab Al Bahrain duftet es nach arabischem Kaffee (traditionell mit Safran und Kardamom zubereitet) und orientalischen Gewürzen. In den engen Gassen des Souk, des historischen Basars, findet man von farbenfrohen Stoffen über Weihrauch, Wasserpfeifen, Silberschmuck und Souvenirs nahezu alles.

Doch nichts glänzt so schön wie Perlen - deren Königin den Namen „Fancy Pink“ trägt. Ihre seidige Regenbogenfarbe ist so selten, dass sie am Markt den höchsten Preis erzielt. Wenn die Sonne richtig steht, erstrahlt sie in ihrer vollen Farbenpracht. Geduldig fädelt Mattar eine seiner Raritäten auf die Halskette, an der schon sein Großvater arbeitete: „Eine schöne Perle macht eben glücklich.“

Sonja Jakubowics, Kronen Zeitung

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