Auf der Hebebühne hängt ein Ford-Kombi, darunter kniet Mehmet (Name geändert) und werkelt an der Radaufhängung. Ein Schlagschrauber lärmt aus der Box nebenan. Eine ganz gewöhnliche Szene, wie man sie in jeder Auto-Werkstatt erlebt. Nur dass diese hier von Gefängnismauern umgeben und der Mechaniker ein Häftling ist. Er ist einer von rund 40 Lehrlingen, die in der Karlau eine Berufsausbildung machen. „Ich war am Anfang ein sehr schwieriger Patient“, lacht der 41-jährige „Austro-Türke“, wie er sich selbst nennt. „Aber jetzt habe ich meinen Facharbeiter fertig und möchte auf jeden Fall als Mechaniker arbeiten.“
Die Berufsschule in der Karlau feiert heuer 70-jähriges Bestehen und ist österreichweit ein Vorzeige-Projekt. In den Anstaltsbetrieben lernen die Häftlinge von Justizwachebeamten, die auch Lehrausbilder sind, sowie von zehn Berufsschullehrern. „Wir bieten hier eine vollwertige Lehre bis zum Gesellenbrief“, sagt Karl Hofer, Direktor der Gefängnis-Berufsschule.
Szenenwechsel in die Anstaltstischlerei. Thomas (Name geändert) zeigt uns stolz seine Gesellenarbeit: ein Schreibtisch wie aus einer Design-Tischlerei. „Ich hab sofort geschaut, dass ich eine Lehrstelle kriege“, erzählt der 35-Jährige und setzt schmunzelnd nach: „Mit Arbeit vergeht die Zeit am schnellsten.“
Das Zusammenleben zwischen Insassen aus verschiedenen Ländern ist wie überall nicht immer einfach. „Übergriffe oder sonstige Zwischenfälle kommen aber so gut wie gar nicht vor“, wirft Guido Riepl ein. Der Justizwachebeamte leitet die Anstaltsbetriebe und ist seit 25 Jahren in der Lehrlingsausbildung tätig.
Dass dieses Programm wichtig für die Resozialisierung ist, erlebt er immer wieder: „Einmal war ich auf einer Skihütte und der Pächter war ein Ex-Häftling“, erzählt Riepl - nur eines von vielen Erfolgserlebnissen. Auch Direktor Hofer sieht sich bestätigt: „Ein Wiedersehen mit Lehrlingen innerhalb der Gefängnismauern gibt es zum Glück selten.“
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