Prozess in Deutschland

Darf Facebook wegen Hassrede Nutzerkonten sperren?

Web
23.07.2021 08:33

Die Löschung sogenannter Hassreden durch Facebook ist nach einer ersten Einschätzung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) rechtmäßig. „Nach vorläufiger Auffassung des Senats hat Facebook das Recht auf Löschung auch dann, wenn keine Straftat vorliegt“, sagte der Vorsitzende Richter, Ulrich Herrmann, am Donnerstag. Der BGH verhandelt derzeit erstmals über einen entsprechenden Fall. Konkret klagen zwei Nutzer gegen Facebook, deren als rassistisch eingestufte Kommentare gegen Migranten gelöscht worden waren. Zusätzlich wurden ihre Konten für drei beziehungsweise dreißig Tage gesperrt. Ein Urteil wird in den kommenden Wochen erwartet.

Seit April 2018 verbietet das soziale Netzwerk Hassreden, löscht sie und verhängt auch Kontosperren bei entsprechenden Kommentaren. Die klagenden Kontoinhaber sehen durch das Vorgehen von Facebook ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verletzt. Außerdem hätten sie vor den Maßnahmen angehört werden müssen. Sie verweisen auch darauf, dass sie den neuen Geschäftsbedingungen von Facebook nicht wirksam zugestimmt hätten. Denn die Zustimmung sei nur über ein Anklicken eines Links erfolgt. Aber auch hierzu sagte der Vorsitzende Richter, dass die Zustimmung wohl wirksam erteilt sei.

Im Zentrum der mündlichen Verhandlung stand am Donnerstag die Frage, ob ein Privatunternehmen das Recht habe, Kommentare herauszufiltern, die nicht strafbar seien. Der Anwalt der Kläger argumentierte, es sei Sache des Gesetzgebers, Einhalt zu gebieten, aber nicht die von privaten Unternehmen. Es müsse auch für Mindermeinungen das Recht geben, sie zu äußern. Jedenfalls könne eine Löschung nicht ohne vorherige Anhörung erfolgen. Herrmann hatte dagegen darauf hingewiesen, dass es neben dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auch das Grundrecht auf freie Berufsausübung gebe, das Facebook beanspruchen könne.

Die Forderung, Nutzer müssten vor einer Löschung oder Sperre angehört werden, nannte der Facebook-Anwalt nicht praktikabel. Die Weiterverbreitung rassistischer Kommentare müsse schnell gestoppt werden. Angesichts von Shitstorms sei auch eine Sperre ohne vorherige Anhörung gerechtfertigt.

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