Der von der Datenschutzbehörde vorerst gekippte Computer-Algorithmus des Arbeitsmarktservice fördert soziale Ungleichheit - zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der TU Wien im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich. Deren Präsident Johann Kalliauer fordert daher statt des Algorithmus einen Rechtsanspruch auf bedarfsgerechte AMS-Maßnahmen und mehr Geld und Personal für dieses.
Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass die Implementierung algorithmischer Systeme in (semi-)staatlichen Einrichtungen Anti-Diskriminierungsmaßnahmen sowie System- und Datentransparenz erfordern würde. Eine nachvollziehbare Evaluierung der Entscheidungen „aus technischer, grundrechtlicher, demokratischer und rechtsstaatlicher Sicht“ müsse möglich sein, so Doris Allhutter und Astrid Mager vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung. Darüber hinaus müssten die Betroffenen Einsichts- und Einspruchsrechte haben.
Da der Algorithmus vorwiegend Arbeitsuchende mit mittleren Jobchancen unterstütze und jene mit geringen weniger fördere, würden Ältere, gering Qualifizierte und Menschen mit gesundheitlichen Problemen benachteiligt, kritisiert Kalliauer. Der Algorithmus „hat daher keinen Platz in der Arbeitsmarktpolitik“. Menschen würden sozialere, individuellere und effizientere Entscheidungen treffen als ein technisches System.
„Kein Algorithmus kann ein zu knapp bemessenes AMS-Budget kaschieren“, so Kalliauer. Um Jobs zu schaffen bräuchte es ein Konjunkturprogramm und mehr Personal für das AMS. Die nun beschlossene Aufstockung um 350 befristete Planstellen sei zu wenig, mehr als 650 wären nötig. Auch mehr Geld müsse man in die Hand nehmen: „Für die Umsetzung einer Jobgarantie bzw. die Schaffung von Jobs für Langzeitarbeitslose sind 300 Millionen Euro mehr AMS-Förderbudget notwendig“, rechnete die AK vor.
Gesetzliche Grundlage fehlt
Der von der Datenschutzbehörde gekippte Algorithmus zur Arbeitslosen-Kategorisierung wird vorerst nicht wie geplant ab 2021 eingesetzt. Die Datenschutzbehörde vermisst unter anderem die fehlenden gesetzlichen Grundlagen für das Projekt. Außerdem hätten Betroffene keine Kontrollen der getroffenen Algorithmus-Entscheidungen verlangen können. Das AMS hat Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde eingelegt.
Der Ende 2018 testweise gestartete Algorithmus sollte ursprünglich mit 1. Juli flächendeckend eingeführt werden und Arbeitslose aufgrund von Profildaten nach Arbeitsmarktchancen in drei Gruppen einteilen: rasch vermittelbare Servicekunden (Klasse A), Betreuungskunden mit mittleren Chancen (Klasse B) sowie Beratungskunden, die schwer vermittelbar sind (Klasse C). Von der Einteilung abhängig sein soll dann, welche AMS-Fördermaßnahmen - etwa Qualifizierungskurse - gewährt werden.
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