21.10.2020 09:18 |

Nach Mord an Lehrer

Frankreich will Hass im Internet stärker bekämpfen

Nach dem blutigen Anschlag auf den Lehrer Samuel Paty will Frankreich verstärkt gegen Hass im Internet vorgehen. Regierungschef Jean Castex kündigte am Dienstag in der Nationalversammlung an, eine Gefährdung durch Veröffentlichung persönlicher Daten solle zur Straftat werden. Ein bereits existierendes Gesetz gegen Hasskommentare im Internet, das nach rechtlichen Bedenken ohnehin nachgebessert werden muss, solle ergänzt werden, sagte der Mitte-Rechts-Politiker.

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„Wir können nicht mehr passiv die Entfesselung des Hasses in sozialen Netzwerken hinnehmen“, sagte Castex. Paty war am vergangenen Freitag Ermittlern zufolge von einem 18-jährigen Tatverdächtigen in einem Pariser Vorort auf offener Straße enthauptet worden. Paty soll vor einigen Wochen Karikaturen des Propheten Mohammed im Unterricht gezeigt haben. Daraufhin hatte der Vater einer Schülerin massiv im Netz gegen Paty mobilisiert. Staatschef Emmanuel Macron hatte von einem islamistischen Terrorakt gesprochen.

Bereits zu Monatsbeginn hatte der 42-Jährige ein neues Gesetz im Kampf gegen den „Separatismus“ und den „radikalen Islamismus“ angekündigt. Es soll Anfang Dezember im Kabinett beraten werden und dürfte nun härter ausfallen als zunächst erwartet, wie französische Medien berichteten.

Türkei wirft Macron vor, eigene Fehler vertuschen zu wollen
Der Druck der Opposition ist groß. Macrons Erzfeindin, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, fordert, mit einer Ausnahmegesetzgebung gegen den Terrorismus vorzugehen. Kritik kam auch aus der Türkei. Präsident Recep Tayyip Erdogan warf Macron vor, anti-islamische und anti-muslimische Debatten für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Es sei das wirksamste Mittel für westliche Politiker, um eigene Fehler zu vertuschen, sagte Erdogan laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Macon gilt in der EU als einer der härtesten Kritiker Erdogans.

Lehrer kritisieren soziale Netzwerke
Die ehemaligen Kollegen des getöteten Lehrers brachten indes ihre Sorge über soziale Netzwerke zum Ausdruck. „Die Schnelligkeit, mit der Informationen an eine möglichst große Zahl von Menschen verbreitet werden, und die unumkehrbaren Konsequenzen, sind eine echte Geißel bei der Ausübung unseres Berufs“, schrieben sie in einem offenen Brief, den unter anderem die Nachrichtenplattform Franceinfo veröffentlichte. „Wir fordern daher das Recht, unseren Beruf unter voller Achtung der Bildungsfreiheit und in völliger Sicherheit auszuüben“, hieß es weiter. „Die Gründung der staatlichen Schule basiert auf republikanischen und säkularen Werten. Dies sind die Werte, die Samuel in seiner Lehre über die Meinungsfreiheit verteidigte.“

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