Gehirn unter Stress

Depressionen auf der Spur

Gesund
03.10.2020 05:00

Innsbrucker Wissenschafter erforschen biologische Veränderungen, die mit der Erkrankung einhergehen. Damit wollen sie in der Gesellschaft auch ein besseres Verständnis für das Leiden erzielen.

Depressive Menschen sind häufig psychisch und körperlich weniger leistungsfähig, sie schlafen schlechter und verfallen in einen intensiven „Grübel-Modus“. Dr. Alexander Karabatsiakis sucht als Molekularbiologe und Systemischer Neurowissenschafter nach biologischen Veränderungen, die bei Depressionen auftreten. „Das Gehirn ist eines der Organe mit dem höchsten Energieverbrauch im menschlichen Körper. Energie ist die Voraussetzung für Arbeit“, erklärt der Experte. „Da Patienten weniger psychosomatische Leistung abrufen können, deutet vieles darauf hin, dass mit dem Energiestoffwechsel etwas nicht in Ordnung ist. Aufgrund des hohen Energieverbrauchs scheint das Gehirn daher besonders vulnerabel [Anmerkung: verwundbar] für Veränderung in der bioenergetischen Versorgung zu sein.“

Im Fokus seiner Forschung stehen die Mitochondrien, die Kraftwerks-Organellen der Zellen. „Deren Hauptaufgabe ist die Produktion von Adenosintriphosphat (ATP), der biochemischen Energiewährung des Körpers“, berichtet Dr. Karabatsiakis. „Als biologische Ursache könnte die Depression aus einer funktionellen Veränderung des mitochondrialen Systems hervorgehen, welches bei chronischer Überbeanspruchung durch Stress in eine Art ,biochemisches Burnout‘ rutscht und seine Leistungsfähigkeit verliert.“ Gemeinsam mit seinem Team misst er den Sauerstoffverbrauch von Immunzellen, um das Leistungspotenzial der Mitochondrien zu charakterisieren.

Mittels einer abgeschlossenen Studie konnte er bereits zeigen, dass Psychotherapie und die damit einhergehende Symptomverbesserung auch Verbesserungen der Mitochondrienaktivität mit sich gebracht hat. Die Möglichkeit, das Anschlagen einer Behandlung auf biologischer Ebene feststellen zu können, soll künftig die Diagnostik und den Therapieverlauf unterstützen. „Können wir zudem nachweisen, dass psychiatrische Leiden auch durch einen Mangel an Energie oder verstärkte Entzündungsreaktionen im Körper bedingt werden, erzielen wir damit in der Gesellschaft ein besseres Verständnis für die jeweilige Krankheit“, so Dr. Karabatsiakis, der zur Entstigmatisierung beitragen möchte.

Monika Kotasek-Rissel, Kronen Zeitung

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