Stark, groß, günstig

Rote Fahne, Große Mauer: Chinesen erobern die IAA

Motor
12.09.2019 14:41

Viele renommierte Autofirmen haben der Frankfurter IAA vorerst den Rücken gekehrt. Gleich vier chinesische Hersteller nutzen aber die Gunst der Stunde und präsentierten sich dem Messepublikum. Vorbote einer Invasion aus dem größten Autoland der Welt?

(Bild: kmm)

Wei Jianjun spricht chinesisch und lächelt die ratlosen Zuschauer von der Bühne herab freundlich an. Der Präsident des chinesischen Autokonzerns Great Wall („Große Mauer“) strotzt vor Selbstbewusstsein auf dem großen Stand in Halle 8 des Frankfurter Messegeländes. Schließlich sieht er sich mit der SUV-Nobelmarke seines Unternehmens mit Namen Wey auf Augenhöhe mit der internationalen, besonders auch der deutschen Konkurrenz. Zu Hause im chinesischen Riesenreich hat er schon 300.000 Autos der jungen Marke verkauft. „Wir sind jetzt reif für den Weltmarkt“, sagt er. „In zwei Jahren starten wir auch in Deutschland“.

Er hat zwei Konzeptautos mitgebracht, einen Versuchsträger fürs autonome Fahren und ein reines Elektroauto. Letzteres nennt sich Wey-X und soll nahezu serienreif sein, gut 400 Kilometer weit stromern und laut Jianjun zu einem „vernünftigen Preis“ angeboten werden. Außerdem steht für den Deutschlandstart 2021 der Nachfolger des derzeitigen Erfolgsmodells VV7 in den Startlöchern. Das SUV mit Plug-in-Hybrid-Technik wird zwar noch nicht in Frankfurt gezeigt, soll aber dem heutigen Modell sehr ähnlich sein.

Vier Autolängen weiter präsentiert sich ein Newcomer aus der Volksrepublik, der allerdings beim Ankündigungsmarketing seiner neuen Marke wie ein alter Hase daherkommt. Byton trommelt schon seit Monaten für sein selbst entwickeltes Elektro-SUV, zeigte auf diversen Designmessen wohldosiert Studien des 4,88-Meter-Mobils und glänzte auf der CES im Jänner in Las Vegas mit der Premiere des außergewöhnlichen Cockpits, das aus einem wagenbreiten LED-Display besteht.

Jetzt auf der IAA wurde das Puzzle zusammengesetzt und als komplettes Serienauto auf die Messebühne gerollt. Der M-Byte von Byton kommt in verschiedenen Leistungsstufen, als 230 kW/408 PS starker Allradler oder mit Zweiradantrieb und 200 kW/272 PS. Reichweite je nach Akku-Power bis zu 505 PS. Mit seinem anvisierten Preis von mindestens 53.590 Euro liegt der Chinese auf Tesla-Niveau, unterbietet aber die deutschen SUV-Rivalen von Audi oder Mercedes deutlich. Laut Byton soll es schon 50.000 Vorbestellungen geben.

Zum überraschend geräumigen Stand einer weiteren China-Marke müssten die Byton-Manager nur ein paar Schritte weitergehen. Eine Marke mit einer langen Tradition, aber einem derzeit außerhalb des Landes noch unbekanntem Namen: Honghi (gesprochen in etwa Honschi) heißt übersetzt in Anspielung auf die Nationalflagge und die politische Grundausrichtung des Landes „Rote Fahne“. Sie produzierte einst Maos Staatskarosse und weitere Dienstwagen für die führenden Funktionäre. Heute gehört sie zum FAW-Konzern, einem der großen Partner von Volkswagen.

Jetzt planen die Strategen, die „Fahne“ auch in Europa zu hissen, auch wenn sie sich noch nicht auf einen exakten Zeitpunkt festlegen wollen. Nach Frankfurt mitgebracht haben sie eine durchaus ansehnliche Studie des Supersportwagen S9 und das seriennahes Konzept-SUV E115 mit E-Antrieb. Der flache Flügeltürer hat einen Vierliter-Achtzylinder-Benziner unter der Haube, der von einem Elektromotor unbekannter Stärke unterstützt wird. Die Gesamtleistung ist geheim, soll aber gut 1400 PS betragen. Spitze über 400 km/h, 0-100 km/h angeblich in 1,7 Sekunden. Serienfertigung eher unwahrscheinlich.

Realistischer ist das vollelektrische SUV mit der markanten Frontpartie, die etwas an Rolls Royce-Modelle erinnert. Kein Wunder, Hongqi-Designer Giles Taylor schneiderte früher in den Studios der britischen Luxusmarke. Der E115 soll eine elektrische Reichweite von über 600 Kilometer schaffen und dann auch für einen noch unbekannten Preis nach Europa kommen.

Schon da ist dagegen Aiways U5, zumindest mit zwei fahrbereiten SUVs. Zum Start der neuen Elektro-Marke aus China tourte ein Duo aus Vorserienmodellen gut 14.000 Kilometer weit aus dem Heimatland nach Frankfurt, um dort am Rande der IAA für Aufmerksamkeit zu sorgen. Der 4,68 Meter lange Fünftürer soll je nach Leistungsstufe bis zu 500 Kilometer weit stromern und rund 35.000 Euro kosten. Allerdings soll er ab Frühjahr 2020 nur im Leasing zu haben sein. Rund 400 Euro monatlich sind im Gespräch.

(SPX)

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(Bild: kmm)



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