Arbeiterkammer-Studie

Fertig-Kakaopulver lässt Alarmglocken schrillen

Salzburg
16.03.2019 12:55

Positiv: Die Angaben der Hersteller zu den Inhaltsstoffen auf Fertigkakaopackungen stimmen. Aber: 72 Prozent der Proben würden bei der britischen Lebensmittelampel „rot sehen“. Bis zu 7 Stück Zucker pro Tasse verstecken sich in manchen dieser - vor allem bei Kindern beliebten - Produkte. „Lebensmittel-Sicherheit und Gesundheit der Konsumenten, insbesondere der Kinder, sind uns ein großes Anliegen“, sagt AK-Präsident Peter Eder, „mit dem Kauf solcher Fertigprodukte geben wir die Entscheidung über die Inhaltsstoffe aus der Hand. Ein kleiner Denkanstoß: Wer würde seinem Kind 7 Stück Zucker in den Kakao geben? Niemand, denn das ist auf Dauer gesundheitsgefährdend.“ Daher fordert die AK die gesetzliche Einführung einer Lebensmittelampel nach britischem Vorbild.

Ob Trends wie „low carb“, Übergewicht bei Kindern oder generell Ernährungsfragen und Essgewohnheiten: Zucker, insbesondere versteckter Zucker in Lebensmitteln is(s)t in vieler Munde. Vor allem gezuckerte Getränke stehen oft im Focus - auch in Verbindung mit Phänomenen wie Adipositas bei Kindern oder steigender Zahl an Diabetes Typ 2-Erkrankungen bei Erwachsenen. Zucker wird nämlich nicht nur in Limonaden eingesetzt, sondern auch in Getränken (z.B. in Near Water oder in Milchmixgetränken), wo man es vielleicht gar nicht in dem Ausmaß vermuten würde. Darunter fallen auch Kakaoinstantprodukte.

Vor diesem Hintergrund haben die Konsumentenschützer der Salzburger Arbeiterkammer 18 Kakaoprodukte (Instantprodukte) eingekauft und durch ein zertifiziertes Analyselabor für Lebensmittel untersuchen lassen. Im Mittelpunkt stand der Gehalt an Zucker, bzw. der verschiedenen Zuckerarten. „Wir wollten durch diese Analyse die Bestätigung, ob die gemachten Angaben der Hersteller bei der Kennzeichnung auch eingehalten werden“, erklärt Erhebungsleiter Stefan Göweil von der AK-Konsumentenberatung, „um danach die Produkte hinsichtlich der Verwendung von Zucker beurteilen zu können.“

72 Prozent der Produkte haben Zucker, Zucker, Zucker…

Zu den Erhebungsergebnissen: „Zufrieden kann man nur damit sein, dass die Angaben der Hersteller im Rahmen der Nährwertkennzeichnung stimmen. Konsumentinnen und Konsumenten können sich also darauf verlassen, dass alle Kennzeichnungsbestimmungen und Angaben im Rahmen der Lebensmittelinformationsverordnung eingehalten werden.“

Aus ernährungsphysiologischer Sicht kann man mit dem Ergebnis aber ganz und gar nicht zufrieden sein. „Verwendet man die Kriterien der Lebensmittelampel der britischen Lebensmittelbehörde (FSA) als Maßstab, dann leuchten 13 von 18 Produkten, also 72 Prozent, rot auf. Die restlichen 5 Produkte leuchten gelb“, so Göweil. Nicht ganz 3 Viertel der Produkte beinhalten demnach 5 oder mehr Stück Würfelzucker pro Tasse. Oder anders gesagt, zwischen 16 und 25 Gramm Zucker pro Portion. „Für eine Produktgruppe die sich teils gezielt an Kinder richtet, sind solche Ergebnisse nicht akzeptabel“, resümiert der AK-Experte, „vor allem wenn man bedenkt, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO selbst bei Erwachsenen maximal 25g Zucker am Tag empfiehlt.“ 

AK fordert europaweite Lebensmittelampel

Die Arbeiterkammer begrüßt es, dass mittlerweile ein Umdenken einzusetzen scheint - so haben etwa die Handelsriesen Spar und Rewe schon vor längerer Zeit angekündigt, bei ihren Eigenmarken Zucker einsparen zu wollen. Trotzdem braucht es für die AK gesetzliche Maßnahmen, denn die reine Freiwilligkeit und Absichtserklärungen der Vergangenheit haben bislang nicht funktioniert.

„Wir fordern die Installierung eines Ampelsystems, wie zum Beispiel in Großbritannien, denn Konsumentinnen und Konsumenten benötigen beim Einkauf eine rasche Entscheidungshilfe“, sagt AK-Präsident Peter Eder. Die Einführung einer europaweiten Lebensmittelampel ist zuletzt 2009/2010 knapp im Europäischen Parlament gescheitert. Die Lebensmittelindustrie hatte damals massiv dagegen lobbyiert.

Was tun?

Göweil: „Es muss jedem bewusst sein: Kaufe ich Fertigprodukte, gebe ich die Qualität und Zusammensetzung des Lebensmittels in fremde Hände. Speziell bei einem Produkt wie einer Tasse Kakao, das nur aus sehr wenigen Zutaten besteht und einfach zubereitet werden kann, ist der Griff auf ein Fertigprodukt einfach nicht notwendig. Wie die extremen Beispiele zeigen, können bis zu 7 Stück Würfelzucker in einer Portion enthalten sein. Selbst oder seinem Kind würde man wohl niemals bewusst so viel Zucker auf einmal hineinschaufeln.“ Ein Erlassen von Höchstmengen für den Einsatz von Zucker in Getränken wäre eine weitere Option, damit sich tatsächlich etwas ändert.

Knackpunkt Gesundheitskompetenz

Ein Ampelsystem, das etwa den Zuckergehalt von Lebensmittelprodukten anhand einer eindeutigen Kennzeichnung rasch und unmissverständlich belegt, würde auch jenen helfen, die über nur wenig oder gar keine Gesundheitskompetenz verfügen. „Gesundheitskompetenz bedeutet, relevante Gesundheitsinformationen zum Beispiel in den  Bereichen Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden zu können“, erklärt AK-Gesundheitsreferentin Michaela Fischer.

Eine Studie zur Gesundheitskompetenz im Bundesländervergleich liefert für Salzburg beunruhigende Ergebnisse: In Salzburg verfügen 12,8 Prozent der Befragten lediglich über eine unzureichende und 31 Prozent über eine problematische Gesundheitskompetenz. Also beinahe jede oder jeder Zweite hat zu wenig Wissen darüber, was seiner Gesundheit förderlich, bzw. abträglich ist. Das ist eng verknüpft mit sozioökonomischen Faktoren, wie AK-Expertin Fischer weiß: "Je niedriger der sozioökonomische Status von Familien (Einkommen, Bildung der Eltern, etc) desto eher kommt es zu Übergewicht und Adipositas bei ihren Kindern. Denn wie Studien belegen, haben Einkommen und Bildung Einfluss auf die Lebensmittelauswahl, und damit das Ernährungsverhalten sowie auf sportliche Betätigung oder Passivität (Medienkonsum).

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