6 Jahre in Todeszelle

Britin gibt Kampf auf: „Dann erschießt mich halt“

Ausland
23.02.2019 10:45

Nach sechs Jahren in einer Todeszelle auf Bali gibt die Britin Lindsay June Sandiford ihren Kampf gegen das Urteil auf, das sie am Ende ihres Weges vor ein indonesisches Erschießungskommando führen wird. Die 62-Jährige war im Jänner 2013 wegen Drogenschmuggels zum Tode verurteilt worden. Sandiford hatte im Prozess ausgesagt, dazu gezwungen worden zu sein: Gangster hätten ihre Familie bedroht und sie so als Drogenkurierin missbraucht.

„Trotz allem fühle ich mich gesegnet“, sagte die 62-Jährige, die ihre Tage im Gefängnis Kerobokan auf Bali - das ironischerweise „Hotel K“ genannt wird - mit dem Stricken von Gewand und Spielzeug für ihre Enkelkinder, Charity-Vereine und Kirchengruppen verbringt, der „Daily Mail“. „Ich habe lange genug leben dürfen, um meine beiden Söhne zu tollen jungen Männern heranwachsen zu sehen und meine beiden Enkel kennenzulernen. Vielen Leuten wird das in ihrem Leben nicht zuteil.“

„Das einzige Sichere am Leben ist, dass keiner mit dem Leben davonkommt"
Mit dem Todesurteil habe sie sich nun abgefunden, sie will es nicht mehr anfechten. „Es ist jetzt nicht mehr so schlimm für mich, mich dem Erschießungskommando zu stellen. Es ist nicht unbedingt ein Tod, den ich mir aussuchen würde, aber ich würde mir auch nicht wünschen, qualvoll an Krebs zu sterben“, so die 62-Jährige. Sie habe nur einen Wunsch: Dass ihre Familie es nicht mit ansehen muss. „Ich will überhaupt kein Aufhebens darum machen. Das einzige Sichere am Leben ist, dass keiner mit dem Leben davonkommt.“

Von britischem Drogenring zum Schmuggeln gezwungen
Im Jänner 2013 war Sandiford zum Tod verurteilt worden, obwohl sie mit der Polizei zusammengearbeitet hatte. Im Prozess hatte sie ausgesagt, dass sie von einem in Großbritannien ansässigen Drogenring gezwungen worden sei, Kokain von Thailand nach Bali zu schmuggeln. Hätte sie es nicht getan, hätte man einem ihrer Söhne etwas angetan, ist Sandiford überzeugt. Als sie im Mai 2012 am internationalen Flughafen von Bali erwischt wurde, hatte sie 4,8 Kilogramm Kokain im Wert von 1,85 Millionen Euro im Gepäck.

Selbst die Staatsanwaltschaft hatte „nur“ 15 Jahre Haft gefordert
Die Richter kannten, obwohl Sandiford ihnen mehrere Beteiligte am Drogenring geliefert hatte, kein Pardon: „Sie hat ihre Schuld nicht eingeräumt und widersprüchliche Angaben gemacht“, sagte Richter Amser Simanjuntak damals in der Inselhauptstadt Denpasar. Viele Anwesende im Gerichtssaal waren schockiert. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete das Urteil als „grausam“. Die Staatsanwaltschaft hatte 15 Jahre Haft gefordert.

Jahre im Gefängnis, bis man eines Nachts an verlassenem Ort erschossen wird
Die indonesischen Drogengesetze gehören zu den strengsten weltweit, auch Ausländer werden immer wieder wegen Schmuggels angeklagt. Ab fünf Gramm gilt in Indonesien die Todesstrafe. Erschießungskommandos vollstrecken sie. Einmal zum Tode verurteilt, wird die Strafe nur selten wieder aufgehoben. Die meisten Verurteilten verbringen Jahre im Gefängnis, bevor sie dann irgendwann nachts an einen verlassenen Ort gebracht und dort getötet werden.

Nach Angaben von Aktivisten sitzen in Indonesien derzeit 70 Menschen wegen Drogendelikten in Todeszellen, darunter sind 42 Ausländer. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Indonesier und ausländische Verurteilte wegen Drogendelikten hingerichtet.

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