Als Experte eingeladen

Sexualstraftäter darf im Parlament auftreten!

Österreich
13.02.2019 14:35

Diese Meldung sorgt seit Mittwochfrüh für Diskussionen: Die NEOS laden einen verurteilten Sexualstraftäter als Experten in den Parlamentsausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen ein. Der Mann verbrachte einige Jahre hinter Gittern und setzt sich nun für Reformen im Maßnahmenvollzug ein. Er wurde in der Debatte zur „Schaffung eines menschenrechtskonformen und menschenwürdigen Maßnahmenvollzugs“ zu Wort gebeten.

Der Experte wird von einem Parlamentsbediensteten gar als „selbst ernannter Lobbyist für Sexualstraftäter bezeichnet“. Dass so jemand als Experte im Parlament aufmarschiere, sei ein „Schlag ins Gesicht für jedes Opfer“, wird der Insider in einem „Heute“-Bericht zitiert.

Experte ist Initiator der Bürgerinitiative
Dort wird auch erwähnt, dass der Verurteilte um eine Wiederaufnahme seines Verfahrens kämpfe. krone.at wollte mehr wissen und fand heraus: Es handelt sich um Markus Drechsler, Obmann des Vereins Maßnahmenvollzug, Chefredakteur der Zeitschrift „Blickpunkte“ und Initiator der betreffenden Bürgerinitiative, die bis zum Einlangen im Nationalrat am 1. Oktober 2018 von mehr als 850 Personen unterzeichnet wurde. Er ist auch Autor des Buches „Maßnahmenvollzug. Menschenrechte weggesperrt und zwangsbehandelt“. 

Gericht stufte Drechsler als „geistig abnormen Rechtsbrecher“ ein
Drechlser wurde 2010 eines Sexualverbrechens bezichtigt. Nach zwölfmonatiger U-Haft wurde er zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren plus Maßnahmenvollzug verurteilt. Das Gericht stufte ihn als „geistig abnormen Rechtsbrecher“ ein. Zur Erklärung: Wird jemand als solcher eingestuft, kommt er in den Maßnahmenvollzug. Dieser ist die schärfste Sanktion, die das Strafrecht kennt.

In U-Haft bekannte sich Drechlser nicht schuldig. Der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte er, dass er sich bei der Verhandlung schließlich schuldig bekannte - aber nur, weil er die Wahl gehabt habe zwischen: viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe mit anschließendem Maßnahmenvollzug bei weiterem Bestehen auf seine Unschuld oder dreieinhalb Jahren plus Maßnahmenvollzug, falls er sich schuldig bekenne. „Ich wusste gar nicht, was der Maßnahmenvollzug ist, und dass das eine Auswirkung hat auf die Haftdauer“, sagte er. Warum er sich schuldig bekannte? „Ich werde doch nicht ein Jahr länger sitzen, nur weil ich stur auf der Wahrheit bestehe.“

(Bild: APA/Georg Hochmuth)

Drechlser war sechseinhalb Jahre in Haft
Während der Zeit hinter Gittern meldeten sich weitere angebliche Sexualopfer Drechslers. Diese Anschuldigungen konnten allerdings nicht bewiesen werden, wonach Drechsler von einem Gutachter und dem Gericht in weiterer Folge als „nicht mehr gefährlich“ eingestuft und nach insgesamt fünfeinhalb Jahren (plus einem Jahr U-Haft) aus der Haft in der Justizanstalt Mittersteig entlassen wurde. Seit 2016 läuft die Wiederaufnahme seines Verfahrens, in der er den Freispruch und eine Entschädigung für seine sechseinhalb Jahre im Gefängnis eingeklagt hatte.

NEOS: „Jeder Bürger hat das Recht, Anliegen ins Parlament zu bringen“
Vonseiten der NEOS wird gegenüber krone.at betont, dass jeder Bürger das Recht habe, Petitionen zu starten und so seine Anliegen ins Parlament zu bringen. „Wir begrüßen diesen persönlichen Einsatz jedes einzelnen Bürgers. Genauso wichtig ist es auch, dass Initiatoren ihre Standpunkte im Petitionsausschuss vortragen können und wir hören uns diese Anliegen mit großem Interesse an“, so Clemens Gaiger, Sprecher des pinken Parlamentsklubs. Eine Reform des Maßnahmenvollzugs sei zudem „dringend notwendig“.

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