71 Prozent bei der letzten Gemeinderatswahl - keine steirische Stadt hat einen beliebteren Bürgermeister als Fürstenfeld. Doch am Mittwoch ist für Werner Gutzwar (ÖVP) Schluss: Nach 14 Jahren räumt der 55-Jährige seinen Platz im Rathaus und wird wieder Vollzeit-Polizeikommandant. Im großen Interview mit der „Steirerkrone“ zieht er Bilanz.
Herr Bürgermeister, wie gestalten sich Ihre letzten Wochen und Tage im Amt?
Nicht viel anders als sonst. Ich versuche, bis zum Schluss für alle da zu sein, Anliegen umzusetzen.
Nach 14 Amtsjahren haben Sie zuletzt angedeutet, dass Sie mehr Zeit für sich brauchen. Wie viel Privatleben hat ein Bürgermeister?
Kaum. Allein am Wochenende hast du im Schnitt zehn bis 15 Termine. Es ist für mich in den letzten Monaten mühsamer geworden, immer hinaus zu müssen. Deshalb auch die Entscheidung, jetzt aufzuhören. Ich möchte meiner Familie etwas Zeit zurückgeben, noch etwas unternehmen, reisen.
Wie schwer ist Ihnen der Entschluss gefallen?
Ich denke, nach fünf Jahren als Stadtrat und 14 Jahren als Bürgermeister ist jetzt ein guter Zeitpunkt. Ich höre am Höhepunkt auf - dann, wenn nicht schon alle fragen: Wann geht er endlich? Viele haben mich zuletzt angesprochen und sich bedankt. Manche können es in der heutigen politischen Zeit gar nicht glauben, dass man geht, ohne etwas angestellt zu haben.
Was braucht ein Bürgermeister, damit die Leute am Ende danke sagen?
Du brauchst Begeisterung für diese Arbeit. Es gibt keinen anderen Job, wo man so viel Handlungsspielraum hat. Der direkte Kontakt mit den Menschen einerseits, und andererseits die Chance, Dinge umzusetzen. Nur verwalten, das wäre nichts für mich gewesen.
Fürstenfeld hat derzeit 8670 Einwohner, um 370 mehr als vor zweieinhalb Jahren. Wie gelingt so ein Wachstum?
Entscheidend sind Arbeitsplätze und Wohnqualität. Unsere Kinderbetreuung geht von 7 bis 17 Uhr, dazu sind wir im Handel ganz vorne dabei, etwa im Textilbereich. Die Wirtschaft schätzt die gute Anbindung an die Autobahn, aber auch der öffentliche Verkehr funktioniert. Wir haben auch das Wohnen weiterentwickelt - auf allen Ebenen: Miete, Mietkauf, Eigentum, Senioren, Jungfamilien. Und wir haben unsere Hausaufgaben bei der Grundversorgung gemacht: Unser Trinkwasser ist aus eigener Quelle. 80 Prozent unserer Energie erzeugen wir selbst.
Nicht ganz so harmonisch verlief 2015 die Gemeindefusion mit Altenmarkt und Übersbach...
In Altenmarkt gab es zuerst eine große Ablehnung. Wir mussten viel reden, das Vertrauen gewinnen. Wir haben das Versprechen gehalten, dass wichtige Einrichtungen vor Ort bleiben: Kindergarten, Volksschule, Wirt und Kaufhaus. Auch das Feuerwehrwesen und die Vereine sind nicht ausgedünnt worden, im Gegenteil.
Wie geht es der größten Stadt im Bezirk eigentlich damit, seit der Fusion mit Hartberg nicht mehr Verwaltungssitz zu sein?
Das war mit Wehmut verbunden, aber wir haben einiges erreicht. Zum Beispiel, dass das Bezirksgericht in Fürstenfeld bleibt.
Was war Ihre schwierigste Herausforderung?
Das Projekt S7, das jetzt endlich umgesetzt wird, hat mich 17 Jahre gekostet. Es gab immer neue Einsprüche und Verzögerungen. Da bräuchte es eine Grenze, damit Betriebe, die sich ansiedeln wollen, eine sichere Perspektive haben.
Mit 71 Prozent hatten Sie bei der letzten Wahl das beste Ergebnis aller Städte-Bürgermeister in der Steiermark. Was muss ein „schwarzer“ Politiker tun, um so weit in die Mitte zu rücken?
Auf Gemeinde-Ebene ist die Farbe nicht entscheidend. Viel wichtiger ist es, mit den Leuten zu reden. Volksnähe ist das Um und Auf!
Dennoch ist ja die ÖVP nicht als Partei der kleinen Leute bekannt. Was haben Sie konkret für Einkommensschwächere getan?
Es gibt Menschen, die müssen mit 800 Euro im Monat auskommen. Da muss man zuhören und gezielt helfen. Wir haben zum Beispiel den Heizkostenzuschuss vor Weihnachten - dazu den Geburtenzuschuss, ein Schulstartgeld oder auch das Fürstentaxi, wo wir Senioren die Hälfte zum Taxi dazuzahlen.
Mit welchem Gefühl werden Sie am Mittwoch das Büro räumen?
Mit dem guten Gefühl, 14 Jahre lang all meine Kraft aufgewendet zu haben. Und mit der Gewissheit, dass die Bevölkerung auch hinter mir steht.
Haben Sie nicht ein bisschen Angst?
Nein. Dadurch, dass ich ja als Polizeikommandant weiterarbeite, wird da kein Loch sein. Die gewonnene Freizeit möchte ich nutzen, um mehr Sport zu treiben. Und es wäre schön, wenn ich mit meiner Lebensgefährtin Sonja ab und zu einen Ausflug unternehmen könnte. Außerdem: Ich bin in fast jedem Verein dabei. Mir wird bestimmt nicht langweilig.
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