Tauwetter USA/EU

Der Anfang vom Ende der Zollbarrieren?

Ausland
28.07.2018 19:01

Mit der EU auf Kuschelkurs, mit China auf Konfrontation - die USA suchen nach einer Lösung für ihr hohes Handelsdefizit.

Dass Handelskriege „ganz leicht zu gewinnen sind“, glaubt Präsident Donald Trump mittlerweile wohl selbst nicht mehr. Mit der EU hat er sich diese Woche auf eine Verhandlungsstrategie verständigt. Die von ihm eingeführten „Schutzzölle“ auf Stahl und Aluminium könnten bald Geschichte sein.

Europäisches Tauwetter, chinesische Eiszeit
Mit China hingegen ist er auf Konfrontationskurs: Zölle auf 1300 Waren chinesischen Ursprungs sind großteils bereits in Kraft (Maschinen, Roboter usw.). Die Gegenmaßnahmen der Regierung in Peking betreffen z. B. Soja oder Produkte aus der zivilen Luftfahrt. Eine weitere Liste mit einem Volumen von 200 Milliarden Dollar (rund 170 Milliarden Euro), auf die zehn Prozent Zusatzzoll geplant ist, wird von der US-Regierung geprüft. China würde für diesen Fall sofort 1:1 Gegenmaßnahmen erlassen.

Auch österreichische Firmen könnten von diesen Verteuerungen betroffen sein, wenn sie Niederlassungen in den USA und China haben. Es bleibt die Hoffnung, dass es so wie im Fall Europa doch noch im letzten Moment eine Wende hin zur Vernunft gibt. Denn ein Handelskrieg der großen Volkswirtschaften hätte massive negative Folgen für das Wachstum und die Beschäftigung.

Wirtschaftsforscher: „Stahlzoll war Scharmützel, mit Autos wäre es Krieg“
Daher ist Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein vom Economia-Institut froh, dass die Zölle auf EU-Autoexporte in die USA vorerst vom Tisch sind. „Das, was vorher war mit Stahl, Aluminium und Jeans auf der anderen Seite, waren nur Scharmützel, aber mit den Autos wäre es ein richtiger Krieg geworden mit massiven Auswirkungen auch bis nach Österreich.“

Tatsache ist aber, dass es ein Ungleichgewicht gibt: Die USA haben sowohl mit der EU als auch mit China ein milliardenschweres Handelsdefizit (siehe Grafik). Bei den Zöllen ist es so, dass der durchschnittliche Satz von der EU Richtung USA nur 3,5 Prozent, umgekehrt aber 5,2 Prozent beträgt. In einzelnen Produktgruppen ist der Unterschied noch deutlicher, US-Autos werden bei uns mit zehn, EU-Autos in den Staaten nur mit 2,5 Prozent Zoll belegt. Auf US-Rindfleisch werden 67 Prozent aufgeschlagen - und trotzdem ist es in Europa gefragt.

„Die beste Lösung wäre eine transatlantische Zollfreizone für alle“
Vieles ist historisch entstanden in jahrzehntelangen Verhandlungen in der Welthandelsorganisation, wo man gegenseitige Zugeständnisse in mühevoller Kleinarbeit abzutauschen versuchte, am Ende aber immer alle unzufrieden waren. „Die beste Lösung wäre eine transatlantische Zollfreizone für alle, das gäbe einen Wohlstandsgewinn“, sagt Helmenstein. Davon würde auch Österreich profitieren, mit unseren Zucker-, Schokolade- oder Milchprodukten oder mit der Erdölindustrie, glaubt Helmenstein. „Man könnte eine Art ,TTIP light‘ verhandeln, eben nur über Zollbarrieren, ohne Schiedsgerichte und andere Sachen, an denen das frühere Abkommen gescheitert ist.“

Trump hat recht, handelt aber falsch
Aus Sicht der USA habe Trump zwar recht, wenn er das gigantische Defizit in der Handels- und in der Dienstleistungsbilanz abbauen will, weil das auf Dauer zu immer höherer Auslandsverschuldung führt, „doch er tut das mit der falschen Politik. Die Sparquote ist niedrig, die Konsumentenausgaben sind hoch, die Staatsausgaben steigen - das alles befeuert die Importe noch mehr“, sagt Helmenstein.

Manfred Schumi, Kronen Zeitung

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