2617 „Touches“ pro Tag

Das verraten unsere Daten über unsere Gesundheit

Web
26.02.2018 16:12

Durchschnittlich 2617 Mal pro Tag "touchen" wir laut Studie auf unserem Smartphone herum. Jede Berührung, jeder Tap bzw. Klick verrät nicht nur viel über unsere persönlichen Vorlieben, sondern möglicherweise auch über Krankheiten: von Schlafstörungen über Depressionen bis hin zu Selbstmordabsichten. Immer mehr Unternehmen wittern darin bereits das nächste große Geschäft.

Doktor Sachin H. Jain ist überzeugt: "Unsere Interaktionen mit der digitalen Welt könnten Geheimnisse über Krankheiten offenbaren." Jain ist Geschäftsführer von CareMore Health, einem Start-up, das anhand von Twitter-Nachrichten Schlafstörungen zu diagnostizieren versucht.

Wie die "New York Times" berichtet, ist CareMore Health damit nicht alleine. Immer mehr Unternehmen durchleuchten unsere digitalen Daten, um in diesen Anzeichen für mögliche Gesundheitsstörungen und Krankheiten zu finden. "Wenn eine kontaktfreudige Person plötzlich aufhört, Freunden zu texten, könnte das zum Beispiel bedeuten, dass sie depressiv geworden ist", sagt Doktor Steve Steinhubl, Direktor für digitale Medizin am Scripps Translational Science Institute in San Diego. Oder "es könnte bedeuten, dass jemand gerade einen Campingausflug macht und sein normales Verhalten geändert hat." Auch wenn die Frage der Effizienz aktuell noch ungeklärt ist: Die Technologie hätte jedenfalls das Zeug zum "Wundermittel", so Steinhubl.

So hatte Facebook etwa erst unlängst angekündigt, mittels künstlicher Intelligenz die Postings seiner Nutzer auf Selbstmordabsichten hin zu analysieren. Fragen wie "Geht es dir gut?" oder "Kann ich dir helfen?" werden demnach von einem Algorithmus erkannt und bei entsprechender Häufung gemeldet. Selbstmordgefährdete Nutzer erhielten dann die Nachricht: "Wende dich an eine Helpline". In anderen Fällen arbeite das Netzwerk auch mit lokalen Behörden zusammen, um Nutzer zu lokalisieren. Datenschützer stellen sich allerdings die Frage, wer außer Facebook letztlich noch von den möglichen Selbstmordabsichten erfährt. Das Netzwerk selbst beteuert, entsprechende Vermerke durch den Algorithmus nach 30 Tagen zu löschen.

"Digitaler Rauchmelder" für Depressionen
Als "digitalen Rauchmelder für psychisch kranke Menschen" versteht sich auch das kalifornische Start-up Mindstrong Health. Per Smartphone-App sucht es im Nutzerverhalten nach Anzeichen für Depressionen. Rund 1000 verschiedene Daten werden erfasst. Etwa, wie schnell oder langsam der Nutzer durch seine Kontakte scrollt oder wie präzise er tippt. Ob die sich daraus ergebenden Korrelationen auch in der "realen Welt" Bestand haben, sei derzeit jedoch noch Gegenstand von Untersuchungen.

Bei Sharecare in Atlanta, US-Staat Georgia, analysiert man indes Telefonate, um mittels Spracherkennungen Stresssymptome zu erkennen. Nach jedem Telefonat erfahren Nutzer, ob sie "ängstlich" oder "ausgeglichen" klangen – ein "emotionales Selfie", wie es Firmenmitgründer Jeff Arnold gegenüber der "New York Times" nennt. Das Ziel: Dem Nutzer in Echtzeit den eigenen Stresslevel zu verraten und damit dessen Verhalten zu beeinflussen.

Kritiker warnen vor ständiger Benotung
Zu wissen, dass jedes Telefonat mitgeschnitten und analysiert wird, könnte allerdings auch Stress verursachen, warnen Kritiker dieser "digitalen Phänotypisierung": "Es ist, als wären wir für immer in der Schule", so Jus-Professor Frank Pasquale von der Universität Maryland, "und wir werden auf alle diese Arten immer von allen Firmen benotet, die die meisten Daten über uns haben."

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