SPÖ-Wien-Parteitag:

Häupl erhält nur 77,4%, 67,8% für Kronprinz Ludwig

Österreich
29.04.2017 21:30

Paukenschlag am Parteitag der Wiener SPÖ: Bürgermeister Michael Häupl hat bei seiner letzten Wahl zum Vorsitzenden mit nur 77,4 Prozent der Delegiertenstimmen ein schlimmes Debakel erlitten! Er verfehlte damit sein Ergebnis von 2015 (95,8 Prozent) mehr als deutlich. Sein designierter Nachfolger, Stadtrat Michael Ludwig, erhielt sogar nur 67,8 Prozent. Der so erhoffte Burgfriede innerhalb der Wiener Genossen ist damit alles andere als wiederhergestellt, neue Reibereien sind wohl vorprogrammiert!

Unter den 947 anwesenden Delegierten dürfte es zu koordinierten Streichungen gekommen sein, denn auch sämtliche Stellvertreter Häupls im Präsidium kamen nicht über 90 Prozent. Ruth Becher schaffte 78,7 Prozent, Kathrin Gaal 81,2. Stadträtin Renate Brauner fuhr mit 67,5 Prozent ein besonders dürftiges Ergebnis ein. Das beste Ergebnis erzielte noch der Neueinsteiger ins Präsidium, Gewerkschafter Christian Meidlinger, der immerhin auf 88 Prozent kam. Er folgt in dieser Funktion auf Ex-Stadträtin Sonja Wehsely, die im Jänner ihren Rücktritt erklärt hatte.

Denkzettel auch für andere prominente Genossen
Auch andere prominente Mitglieder des Wiener SPÖ-Vorstandes erhielten einen Denkzettel. So kam SPÖ-Klubchef Andreas Schieder auf 78,2 Prozent, Nationalratspräsidentin Doris Bures auf 75,3 Prozent. Stadträtin Sandra Frauenberger erhielt immerhin noch 84,2 Prozent.

Stadträtin Brauner: "Diskussion wieder im Inneren führen"
Brauner befand: "Das Ergebnis ist Ausdruck der öffentlichen Diskussion der letzten Monate und Auftrag, die Diskussion wieder im Inneren zu führen." Ziel sei es, vor der nächsten Nationalratswahl wieder geeint aufzutreten. Häupl ersuchte angesichts der Resultate um Zusammenhalt: "Wir sind alle gewählt. Was als Nächstes ansteht, ist gemeinsame Arbeit, in gemeinsamer Verantwortung."

Ludwig: "Habe mich für Parteitag der Geschlossenheit eingesetzt"
Ludwig versichterte nach dem schlechten Wahlergebnis für die Präsidiumsmitglieder: "Ich habe mich für einen Parteitag der Geschlossenheit eingesetzt." Er habe sich bemüht, dem Polarisieren entgegenzuwirken. "Jetzt gilt es noch stärker, mit ganzer Energie und vereinten Kräften die täglichen Herausforderungen in unserer Stadt anzupacken. Nach der Wahl ist vor der Wahl." Fest steht: Die SPÖ Wien ist tief gespalten, Häupl ist es nicht gelungen, die Partei zu einen. Rückenwind für SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern und die nächste Nationalratswahl (nach derzeitigem Stand im Herbst 2018) sieht jedenfalls anders aus.

Hatte es bis Freitag noch so ausgesehen, dass der mühsam erkämpfte Frieden zwischen Häupl-Kritikern und -Befürwortern hält, hat sich das Blatt schon am Freitagabend gewendet. Wie die "Krone" erfuhr, wurden bei der roten Frauenkonferenz die Vereinbarungen, von Stimmenstreichungen abzusehen, gebrochen. Somit spitzte sich am Landesparteitag die Lage doch noch einmal gewaltig zu. Während sich die SPÖ-"Rebellen" - sie stärken Ludwig als Nachfolger für den Parteichef-Posten den Rücken - an die Abmachungen hielten und von Stimmenstreichungen bei der Vorstandswahl absahen, konnte man das vom gegnerischen Lager nicht behaupten.

"Letzter Parteitag, an dem ich als Vorsitzender kandidiere"
Am Landesparteitag vor der Abtimmung rief Häupl dann noch zur Geschlossenheit auf. "Es wird dies der Landesparteitag sein, an dem ich zum letzten Mal in der Funktion des Vorsitzenden kandidiere", sagte er in seiner Rede. Wie berichtet, soll etwa drei Monate nach der Nationalratswahl das Zepter an einen Nachfolger übergeben werden. Es sei berechtigt, nach 23, 24 Jahren als Parteivorsitzender zu sagen, dass das "auch ein End' haben muss", meinte Häupl.

"Fühle mich weder als Landeskaiser noch als Erbhofbauer"
Er bekenne sich dazu, "dass die Nachfolgediskussion nicht so verläuft, wie wir das in anderen Bundesländern gesehen haben". "Ich fühle mich weder als Landeskaiser noch als Erbhofbauer", betonte er. Die Partei werde unmittelbar nach der Nationalratswahl Personalvorschläge diskutieren und dem Landesparteitag vorlegen. "Nicht ich bestimme, wer in Zukunft die Wiener Sozialdemokratie führt, sondern der Parteitag. Das ist mein fester Wille und meine feste Überzeugung", versicherte er.

Kern erwartet "Weichenstellungen mit ruhiger Hand"
Kern streute in seiner Rede Häupl Rosen - und zeigte sich zuversichtlich, dass dieser seine Nachfolge gut regelt. "Lieber Michael, der Grund, warum wir heute so stolz auf diese Stadt sind, hat damit zu tun, wie du diese Stadt geführt hast", würdigte der Bundesobmann seinen Parteifreund. "Und ich bin davon überzeugt, genauso wie du diese Stadt geführt hast, mit derselben Umsicht, mit derselben ruhigen Hand wirst du die Weichenstellungen vornehmen."

Protest vor Beginn des Landesparteitags
Vor Beginn der roten Großveranstaltung, die unter dem Motto "Wien besser machen" lief, hatten zwei Dutzend Mitglieder der Sozialistischen Jugend und des Verbands Sozialistischer StudentInnen gegen Kern protestiert, der zum ersten Mal auf einem Parteitag der Wiener Genossen auftrat. Sie postierten sich mit Plakaten, auf denen "Christian, Vorsitzender welcher Partei bist du eigentlich?" oder "Christian, du Werner. Gegen die Festung Europa" vor dem Eingang der Messe Wien, in der das Event stattfand. Auf den Schildern wurden außerdem "Gratisbildung" und die Gesamtschule gefordert.

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