Experten rechnen vor

“Schengen-Ende würde 110 Milliarden Euro kosten”

Ausland
03.02.2016 11:32

Das Ende des Schengenraums würde die Europäischen Union teuer zu stehen kommen: Wie Finanzexperten im Auftrag der französischen Regierung berechnet haben, könnte eine dauerhafte Schließung der innereuropäischen Grenzen der EU-Volkswirtschaft rund 110 Milliarden Euro kosten.

Diese Berechnung der Denkfabrik France Strategie umfasst einen Zeitraum von zehn Jahren. Für die Schengenstaaten wurde ein Schaden von 0,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes berechnet. Verlierer wären bei permanent geschlossenen Grenzen vor allem der Handel und die Tourismusbranche. Das Handelsvolumen würde demnach um bis zu zwanzig Prozent schrumpfen.

Bereits kurze Grenzschließungen sündteuer
Alleine Frankreich müsste binnen einer Dekade zehn Milliarden Euro Verlust verkraften - das entspricht 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Bereits kurzfristige Grenzschließungen würden Frankreich den Experten zufolge bis zu zwei Milliarden Euro kosten.

Auch aus Deutschland kommen Warnungen: CDU-Bundestagspräsident Norbert Lammert stellte Ende Jänner klar, dass eine Verschärfung der Grenzkontrollen in Europa erhebliche negative Auswirkungen haben würde. Bei einem Aussetzen oder gar Ende des Schengener Abkommens wären die Kosten für Deutschland "deutlich höher" als die derzeitigen "beachtlichen Kosten" der Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge, sagte Lammert.

Österreichs Wirtschaftskammer fürchtet enorme Kosten
In Österreich schätzt die Wirtschaftskammer, dass die Grenzkontrollen in der derzeitigen Form enorme finanzielle Folgen nach sich ziehen. Alleine der Transportbranche entstehen zurzeit durch die zusätzlichen Wartezeiten an den Grenzen rund 8,5 Millionen Euro Kosten pro Tag. An den österreichischen Außengrenzen müssen Lkws im Schnitt rund drei Stunden warten, in Rumänien und Bulgarien sogar sieben Stunden. Ein totales Aus für den Schengenraum könnte laut Wirtschaftskammer zur Bedrohung für den europäischen Wirtschaftsraum werden.

Alexander Klacska, Obmann der Sparte Transport in der Wirtschaftskammer, fordert zur Verbesserung der angespannten Situation Güterkorridore, wie sie bereits an der stark gesicherten Grenze zwischen den USA und Mexiko erfolgreich eingesetzt würden. Wolfram Senger-Weiss, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik, sieht die Politik gefordert. "Der freie Warenverkehr, ein Grundpfeiler der EU, sollte auf keinen Fall leichtfertig aufgegeben werden", so Senger-Weiss, der auf Zahlen der EU-Kommission verweist, wonach flächendeckende Grenzkontrollen in der Union jährlich Kosten in Milliardenhöhe verursachen würden. Dazu kämen noch die Kosten für die Gesamtwirtschaft, da die Betriebe höhere Lagerbestände haben müssten.

Schengener Abkommen Herzstück der EU
Das Schengener Abkommen wurde von 26 Staaten unterzeichnet. Es ist ein Herzstück der Europäischen Union und soll eigentlich freien Personen- und Warenverkehr innerhalb der EU garantieren. Seit jedoch im Zuge der Flüchtlingskrise mehr als eine Million Migranten vor allem aus dem Nahen Osten und Nordafrika nach Europa gekommen sind, bröckelt das Projekt, denn zahlreiche EU-Länder, darunter auch Österreich, haben wegen der Flüchtlingswelle vorübergehend wieder Grenzkontrollen eingeführt.

Video: Das war Tag 1 im neuen Grenzmanagement in Spielfeld

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