Kasematten Graz:

Jubelstürme für “Cyrano”

Steiermark
12.06.2017 13:59

Edmond Rostands "Cyrano de Bergerac" ist wie geschaffen für das hochdramatische Setting der Grazer Kasemattenbühne. Und doch hat Regisseur Markus Bothe daraus nicht ganz den Theaterabend gemacht, den man erwartet hätte. Mit Mut zur Reduktion vermählt er großes Spektakel und Kammerspiel. Ein Triumph!

Cyrano de Bergerac ist der wohl berühmteste Ghostwriter der Literaturgeschichte. Wegen seiner riesigen Nase vermeint er, der Liebe von Roxane nicht würdig zu sein. Er verleiht seine poetische Ader an den gut aussehenden, aber einfältigen Mitwerber Christian - nicht zuletzt, um deren Heirat mit dem Grafen Guiche zu verhindern. Doch aus den anfangs harmlosen Wort- und Degengefechten um die Gunst Roxanes, wird Schritt für Schritt bitterer Ernst und sie enden im Krieg.

Spektakel und Reduktion
Markus Bothe gelingt in seiner Inszenierung der kunstvolle Spagat zwischen spektakulärem Sommertheater und intimem Kammerspiel, zwischen komödiantischem Feuerwerk und brodelndem Drama. Bei einem Stoff, der Regisseure meist zur Überzeichnung verlockt, setzt Bothe auf Reduktion.

Beeindruckende Bühne
So ist nicht nur die Nase seines Cyrano sichtlich geschrumpft zu einem Stupsnäschen: Mit Andri Schenardi steckt er einen ungewöhnlich zierlichen Darsteller in die Rolle des rhetorischen Schwergewichts. Und auch die Bühne von Kathrin Frosch - ein 21 Meter langer weißer Steg, der das Publikum auf den Kasematten in zwei Blöcke teilt - dient trotz seiner gigantischen Ausmaße nicht einer Materialschlacht, sondern lenkt geschickt die Blicke.

Scheitern an eigenen Ansprüchen
Genau hier wird der moderne Blick, den Bothes Inszenierung auf Rostands Klassiker wirft, bereits deutlich: Die Figuren ringen weniger mit tatsächlicher als mit gefühlter Minderwertigkeit. Sie scheitern vor allem an den hohen Ansprüchen, die sie an sich selbst stellen und sind somit trotz all des Mantel- und Degen-Gehabes als zeitgenössische Figuren zu lesen.

Glanzleistung in der Titelrolle
Die Verkörperung all dessen ist Andri Schenardi in der Titelrolle - flink und wendig in den Wortgefechten, voll stiller Verzweiflung in den emotionalen Momenten. Er allein ist es wert, den Weg auf die Kasematten auf sich zu nehmen. Weitere gute Argumente für den Gipfelsturm: Henriette Blumenau als in ihren Ansprüchen schwankende Roxane, Benedikt Greiner als an seinem Intellekt zweifelnder Schönling Christian und Pascal Goffin als grandios an seiner Überheblichkeit scheiternder Graf Guiche.

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