Eurofighter-Krimi

Ex-SPÖ-Minister Darabos jetzt Tatverdächtiger

Österreich
26.02.2018 15:18

Im Eurofighter-Krimi muss aktuell kein Waffenhändler und kein dubioser Lobbyist Österreichs Justiz so fürchten wie ein burgenländischer SPÖ-Landesrat: Norbert Darabos drohen bis zu zehn Jahre Haft. Sein Problem: Der von ihm im Juni 2007 unterzeichnete Vergleich mit dem Eurofighter-Hersteller könnte für die Steuerzahler einen beweisbaren Schaden verursacht haben – in der Höhe von 24 Millionen Euro.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat vor wenigen Tagen das Verfahren gegen den Ex-Verteidigungsminister (Aktenzahl 617St3/17) aus dem gesamten Eurofighter-Komplex ausgegliedert, sie ermittelt nun auch konkret gegen den jetzigen burgenländischen Soziallandesrat Norbert Darabos wegen des Verdachts der Untreue (§ 153 Strafgesetzbuch): "Wer seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch den anderen am Vermögen schädigt und einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen."

Die Faktenlage sei klar, zitiert dazu Peter Pilz aus den Akten des Eurofighter-U-Ausschusses: "Diese Seiten sind die Basis für eine vielleicht nun mögliche Anklage gegen Darabos wegen des Verdachts der Untreue."

Was dem Ex-Minister zum Verhängnis werden könnte: Es existieren gleich zwei Vergleichs-Verträge von ihm und der Firma Eurofighter. So unterschrieb Norbert Darabos am 24. Mai 2007 im SPÖ-Gartenhotel Altmannsdorf Vergleich Nr. 1 mit dem damaligen Eurofighter-GmbH-Manager Aloysius Rauen. In diesem Hotel-Blockzettel-Vertrag enthalten: drei Jets weniger, sechs gebrauchte statt neuer Maschinen etc.

Die angebliche Höhe der Einsparungen für Österreich: 370 Millionen Euro. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer konnte zufrieden sein, er hatte damit einen bei den Wählern halbwegs verkaufbaren Erfolg an der "Eurofighter-Front".

Vergleich Nr. 2 für Österreich noch teurer?
Nur einen Monat später, am  24. Juni 2007, folgte dann noch die Unterzeichnung von Vergleich Nr. 2 bei der bekannten Airshow "Salon International de l'Aéronautique et de l'Espace" in Paris Le Bourget: Die Einsparungen für die österreichischen Steuerzahler machten auch damit – offiziell – wiederum 370 Millionen Euro aus.

Werden jedoch beide Verträge genau verglichen, zeigen sich wesentliche Änderungen zuungunsten der Österreicher: Bei Vertrag Nr. 2 verzichtet der Minister auch noch auf das 8,9 Millionen Euro teure "FLIR-System" für den Eurofighter. Das heißt: Ohne "Forward-Looking-Infrared" kann der Jet im Dunkeln keine Ziele erfassen.

Also noch mehr Risiko für die Piloten: Denn schon im ersten Vertrag hat Darabos das "DASS-System" abbestellt. Ohne "DASS"-Selbstschutzpaket (mit Raketen- und Laser-Warner etc.) könne der Eurofighter "in modernen Bedrohungsszenarien nicht eingesetzt werden", warnt der Hersteller auf seiner Homepage.

Im Vertrag Nr. 2 ist ebenso festgehalten, dass Österreich auf eine fällige Pönalzahlung seitens der Eurofighter GmbH in Höhe von 5,1 Millionen Euro verzichtet. Und anders als in Vergleich Nr. 1 verpflichtet sich die Republik am 24. Juni zur Vergebührung des Vertrags. Kosten: zehn Millionen Euro.

Pilz: "Warum alles ohne Bedenkzeit akzeptiert?"
"Darabos stimmt also in Paris mit seiner Unterschrift plötzlich Mehrbelastungen in der Höhe von 24 Millionen Euro zu. Warum so hastig? Und ohne Nachfrage bei der Finanzprokuratur, ohne jede Bedenkzeit? Nachvollziehbar, dass jetzt die Staatsanwaltschaft ermittelt", fasst Peter Pilz zusammen.

In der Finanzprokuratur wird ohnehin schon länger angenommen, dass der Minister noch andere Fehler zu verantworten haben könnte. Dazu deutete der Präsident der Finanzprokuratur, Dr. Wolfgang Peschorn, beim Eurofighter-Untersuchungsausschuss an: "1,98 Milliarden wurden für 18 Flieger verrechnet. Dividieren Sie zwei Milliarden durch 18. Sie kommen auf 111,11 Millionen. Dann mal drei abbestellte Flugzeuge. Also? Allein die Stornierung hätte schon 333 Millionen Ersparnis bringen müssen." Pro abbestelltem Jet wurden der Republik Österreich aber nur 50 Millionen gutgeschrieben …

Darabos hatte bereits Termin bei Staatsanwalt
Im Gespräch mit der "Krone" kontert Norbert Darabos auf die Vorwürfe: "Ich habe das Bestmögliche für die  Steuerzahler herausgeholt." Der zweite Vergleich sei auch "besser gewesen". Der Ex-Minister bleibt dabei: "Wir konnten 370 Millionen Euro für die Steuerzahler erkämpfen."

Dass nun die Staatsanwaltschaft gegen ihn persönlich Ermittlungen eingeleitet hat, bewertet Darabos so: "Das klingt schon bedrohlich. Ich hatte bereits ein Gespräch mit dem Staatsanwalt. Ich denke, das ist sehr gut verlaufen. Über die Unterschiede in den Vergleichen muss ich jetzt mit meinen Anwälten sprechen."

Daten & Fakten
Am 1.7.2003 werden unter der Bundesregierung Schüssel 18 Eurofighter bestellt. Kosten: 1,969 Milliarden Euro.
2006, im Nationalratswahlkampf, wirbt die SPÖ mit dem "Ausstieg aus dem System Eurofighter" um Stimmen.
2007 soll der neue Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) einen Verhandlungserfolg gegen die Firma Eurofighter vorweisen können.
Im Juni 2007 berichtet Darabos von "Einsparungen in der Höhe von 370 Millionen Euro", die Zahl der Abfangjäger wird von 18 auf 15 reduziert.
Am 12.7.2007 landet der erste Eurofighter "Typhoon" in Zeltweg.

Richard Schmitt
Richard Schmitt
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