Massive Probleme

Keine “Safari” unter Windows

Digital
14.06.2007 12:04
Eigentlich wollten wir Microsoft gegen Apple, IE7 gegen die Beta-Version von Safari antreten lassen. Doch wer sich den auf Windows adaptierten Apple-Browser heruntergeladen hat, wird bereits wissen, dass dieser Vergleich gar nicht stattfinden kann. Safari ist im Gegensatz zu vielen anderen Beta-Versionen nämlich eine Applikation, die tasächlich noch nicht fertig ist – “noch” ist dabei stark untertrieben, denn der Browser ist auf deutschsprachigen Windows-Versionen momentan höchstens als Bildschirmschoner verwendbar. Eine müde Kaffeefahrt und definitiv keine Dschungel-Reise, bei der der Bär steppt...

Die Installation des knapp sieben Megabyte großen Apple-Browsers geht noch ganz ohne Probleme von der Hand. Beim ersten Öffnen springt Safari auf die Apple-Website, die problemlos angezeigt wird. Beim Aufrufen von Krone.at dann die Ernüchterung: Die Navigation ist weg, ganze Textteile fehlen auf der Homepage, in Artikeln bekommt man erst im Fließtext etwas zu lesen. Ein Blick auf andere Websites zeigt, dass es dort auch nicht besser aussieht, bei manchen Portalen sogar noch schlimmer. Selbst die sehr schlicht gehaltene und auf universale Lesbarkeit ausgelegte Seite des österreichischen Rundfunks kriegt Safari nicht auf, zeigt Überschriften nicht an und hat offenbar Schwierigkeiten mit dem Auslesen von Formatierungen. Auch bei YouTube fehlen Zeichen, selbst Suchresultate in Google verbockt der Mac-Browser. 

*Update* Nachdem Apple in den letzten Stunden mit Tausenden Bugreports über die oben genannten Darstellungsprobleme aus nicht-amerikanischen Ländern konfrontiert wurde, hat man zugegeben, dass die Safari-Beta für den Betrieb auf nicht-englisch-sprachigen Windows-Versionen derzeit ungeeignet sei. Ein Hinweis auf der Apple-Homepage war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Beta allerdings nicht vorhanden. Bloggern zufolge gibt es relativ komplizierte Möglichkeiten, die Fehler selbst zu beheben, allerdings zeigten sich diese "Reparaturen" bis dato bei der Mehrheit der User wenig erfolgreich. 

Safari und IE7 - was die beiden unterscheidet
Optisch hebt sich Apples Interpretation von “einfach Browsen” in erster Linie in Design und Aufbau vom IE7 ab. Die der Mac-Version völlig idente Windows-Ausgabe verzichtet beispielsweise auf das beim IE so beliebte, ausklappbare Fähnchen mit den zuletzt eingegebenen URLs und listet sie stattdessen etwas umständlich im Bereich “History” auf. Bookmarks aus dem IE oder anderen Browsern können mit “Bonjour”, einem Emigrationsassistenten, in Safari importiert werden. 

An Funktionen (Tabbed Browsing, Auto-Ausfüllen, Passwort-Speicherung, etc;) steht Safari dem IE in nichts nach, bloß bietet der IE bei den Einstellungen für Profis mehr Möglichkeiten. Apple ist hier eindeutig benutzerorientierter. Safari bietet in Sachen “Social-Networking” allerdings ein paar Vorteile, die der IE nicht hat: So sind Plugins für Plattformen wie Flickr und Co. (zumindest schon am Mac) erhältlich, der Support für YouTube funktioniert - wie auch bei anderen Seiten, die viel Flash benutzen - besser, flüssiger. 

Zudem kann man in Safari Textfenster, wie man sie beim Bearbeiten von Foreneinträgen vorgesetzt bekommt, skalieren und die Darstellung insgesamt besser personalisieren. Bilder werden wie bei Firefox bereits beim Laden angezeigt - so kann man sich schneller ein Bild der Site machen. Im so genannten “Private Mode”, dem wohl klügsten Feature von Safari, werden auf Knopfdruck keine automatischen Cookies angenommen, keine Passwörter gespeichert und keine History erstellt. 

Verpatzter Start durch Apple-unwürdige “beta”
Dass etwas nicht fertig sein kann, wenn es noch “beta” ist, ist jedem klar. Aber ein Beispiel: Mozilla veröffentlichte vor kurzem eine Alpha-Version seines Browsers Firefox - also einen so genannten “early release” noch vor der fast serienreifen Beta - und die funktionierte weitaus besser als Apples Safari. Im Versionen-Fachsprech wäre Safari beim gegenwärtigen Stand der Dinge höchstens eine “Preview”, also ein Vorgeschmack, der in der Regel für Programmierer und Technik-Begeisterte interessant ist. Trotz der in Europa, oder zumindest auf deutschsprachigen Windows-Versionen verschärften, Dartstellungsprobleme klagen auch die Amerikaner über zu viele Bugs für eine Applikation, die als öffentliche Beta-Version angeboten wird.

Steve Jobs sagte, dass Safari dem IE7 in Sachen Schnelligkeit weit überlegen sein soll. Bestätigen können wir das nicht. Unter Windows XP liegt der Zeit-Unterschied beim Starten der Browser im Bereich von Sekundenbruchteilen. Beim Öffnen von Seiten ist der Unterschied leichter zu beurteilen: Die Safari-Beta hat einfache Sites schneller offen. Bei Websites mit Audio- und Videofiles streikt Safari aber zu oft. Dem Apple-Browser fehlen Plug-Ins und klassische Windows-Streams (wmv, rma, etc;) werden mit einem Fragezeichen versehen.

Aber wie gesagt, Safari ist in einem Beta-Stadium und diese Dinge werden bis zum Release im Oktober mit Sicherheit behoben. Stellt sich nur die Frage, wie Apple mit einer nicht einmal halbfertigen Version von Safari die Windows-Benutzer zum Switchen auf die Mac-Plattform bewegen will – denn dafür ist der Browser und das scheinbar großzügige Entgegenkommen bei der Adaptierung auf die sonst von Cupertino mit Programmen nicht gerade verwöhnte Windows-Plattform schließlich gedacht. Der erste Eindruck wird bei den Windows-Only-Usern, die mit der Safari-Beta eine Gelegenheit sehen, in die Mac-Welt hineinzuschnuppern, mit ziemlicher Sicherheit ein negativer sein. Vor allem, weil man Nutzer deutscher Windows-Versionen nicht deutlich vorwarnte, das die Software bei ihnen nicht repräsentativ für ihren tatsächlichen Entwicklungsstatus laufen wird.

Mac-Benutzer reagieren jedenfalls überrascht auf die dürftige Einsatzfähigkeit der Betaversion, ja fast gekränkt ob der Witze, die man über die klägliche Performance des Apple-Browsers machen wird. Auf der eigenen Plattform ist Apple so etwas zum letzten Mal bei der ersten Beta-Version “Boot Camp”, einer Software, die den Betrieb von Windows auf einem Intel-Mac ermöglicht, passiert. Hier musste man eine lange Liste von Fehlern und Hinweisen veröffentlichen und Beschwerden von Usern hinnehmen, die durch die “Boot Camp”-Beta und die tückische Installation ihre Macs Schach matt setzten. Bei der zweiten Beta war dann alles wieder paletti. Vielleicht hätte Apple mit der Safari-Beta einfach noch ein paar Wochen warten sollen - zumindest so lange, bis man auf Websites auch was lesen kann...

Sicherheits-Experten entdecken zahlreiche Lücken
Nicht einmal einen Tag nach dem Beta-Start von Windows-Safari trudelten auch die ersten Berichte über Sicherheitslücken im laut Steve Jobs “sorgenfreien Browser” ein. Der Virenspezialist Symantec berichtet von vier Schwachstellen in Safari, die es Hackern ermöglichen würden, Zugriff auf das System zu erlangen. Zudem seien zwei Lücken gefunden worden, durch die sich der Browser “fernsteuern” lässt und mit denen Spyware ins Betriebssystem eingeschleust werden kann. 

Alles Dinge, mit denen auch der IE lang zu kämpfen hatte, bzw. immer noch zu kämpfen hat. Nur wird dem Microsoft-Browser durch die ungleich weiter verbreitete Windows-Plattform in solchen Belangen weitaus mehr Aufmerksamkeit der Programmierer-Community zuteil. Ergo: Fehler und Lücken werden häufiger und schneller entdeckt.

Die “Information Week” zitiert einen IT-Experten vom amerikanischen SANS Institut, der sich in Anbetracht der Sicherheitslücken ganz andere Fragen stellt: “Safari ist eine Beta-Version, es geht hier ja darum, Lücken zu schließen. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob die gefundenen Fehler auch im Safari für den Mac existieren wo es ihn schon seit Jahren gibt. Wenn ein Attacker durch eine Sicherheitslücke Code ins System bringen kann, ist das eine gefährliche Sache.” 

Der US-Forscher David Maynor will diese Lücken der Windows-Version bereits in der Mac-Version entdeckt haben, wo man laut seinem Blogeintrag bei “Errata Security” zumindest ein paar davon “nützen” könnte. Laut Maynor stehen Apple schwierige Zeiten bevor: “Die Bugs werden wie Pilze aus dem Boden schießen.” Die Safari-Beta hat übrigens einen eigenen Knopf für Bug-Reports, der einer kleinen Spinne ähnelt und mit dem man jeden Bug an Apple schicken kann...

*Update* Dem Branchendienst Golem zufolge hat Apple bereits auf einige der Sicherheitslücken reagiert und eine 3.0.1.-Version der Beta auf seine Server gestellt. Wie viele Sicherheitslücken behoben wurden, wird sich aber erst zeigen, wenn die IT-Experten die hurtig reparierte Version genauer ulaut Golem überhaupt nichts geändert.


Christoph Andert

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