Seit 1983 in Haft

Dreifachmörder: “Jetzt müssen sie mich freilassen”

Österreich
15.08.2017 08:19

Seine Tat gilt als eine der grauenhaftesten der österreichischen Kriminalgeschichte. 1983 ermordete Günter Lorenz seinen Cousin, eine Freundin und deren Mutter. Seitdem sitzt er in Haft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte nun: "Seine weitere Anhaltung im Gefängnis ist gesetzeswidrig."

Beim Googeln nach "großen Verbrechern" spuckt das Internet sofort seinen Namen aus. Gemeint ist Günter Lorenz, der - laut Wikipedia - "eine der aufsehenerregendsten Mordtaten der österreichischen Kriminalgeschichte" begangen hat. Vor 34 1/2 Jahren.

Der Killer mit dem Milchgesicht
Am 9. Februar 1983 erschoss der damals 18-Jährige seinen Cousin Peter D. (17), verscharrte die Leiche am Wiener Entlastungsgerinne, grub sie drei Tage danach wieder aus und schnitt ihr den Kopf ab. Damit der Tote, sollte er gefunden werden, nicht identifizierbar wäre. Schließlich hatte Lorenz ja längst geplant, den Verdacht bezüglich eines weiteren Gräueldelikts auf den mittlerweile als vermisst Gemeldeten zu lenken.

Besessen von der Idee, so das perfekte Verbrechen inszenieren zu können, richtete er am 15. Februar seine Ex-Freundin Ursula E. (18) und deren Mutter Sieglinde (42) hin. Indem er ihnen in ihrer Wohnung in Wien-Landstraße "Explosivkugeln" in die Köpfe feuerte.

"Der Killer mit dem Milchgesicht" wurde der Musterschüler mit lauter Einsern im Maturazeugnis dann von den Medien genannt. Und jedes Detail aus seinem Leben sorgte für Schlagzeilen. Seine tragische Kindheit - er war in desolaten Verhältnissen bei einer Pflegemutter aufgewachsen. Die vielen Lügen, die er Klassenkameraden erzählt hatte - davon, dass seine Eltern immens reich seien. Seine Fähigkeit, andere Menschen zu manipulieren.

Hochintelligent, aber schwer gestört
Als hochintelligent, aber psychisch schwer gestört beschrieben Sachverständige letztlich den Geisteszustand des jungen Mannes. Bei seinem Prozess im März 1984 bekam er lebenslang mit Sicherheitsverwahrung. Sein Verteidiger, von jeher an: Gunther Gahleitner.

Bis heute ist der Anwalt mit Lorenz in Kontakt: "Wir schreiben einander oft Briefe, und manchmal besuche ich ihn in der Haft. Wie vor wenigen Tagen. Und auch diesmal habe ich ihm zugesichert, dass ich mein Versprechen, das ich ihm einst, bei seiner Verurteilung, gegeben habe, natürlich halten werde."

"Günter" - wie er seinen Klienten nennt, "wir sind schon seit Langem per du" - im Falle einer Freilassung unterstützend zur Seite zu stehen; ihm eine Wohnung zur Verfügung zu stellen und einen Job zu verschaffen, "wahrscheinlich sogar in meiner Kanzlei". Eine Zusage, die vielleicht schon sehr bald eingelöst werden muss.

"Seine Anhaltung ist rechtswidrig"
Denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kam kürzlich zu dem Schluss, dass Lorenz' weitere Anhaltung in der Strafanstalt Krems-Stein gesetzeswidrig sei.

Die Feststellung wird damit begründet, dass er - zwar als zurechnungsfähig, aber trotzdem als seelisch abnorm geltend - in einem "normalen Gefängnis" untergebracht ist. Wo niemals adäquate Therapiemöglichkeiten für ihn bestanden. "Deswegen", so Anwalt Gahleitner, "konnte es geschehen, dass mein Mandant ohne eingehende Überprüfung seiner weiteren Persönlichkeitsentwicklung hinter Gittern blieb."

Fakt ist: In den vergangenen Jahrzehnten wurde Lorenz - wenn auch nicht in den vorgeschriebenen Abständen - immer wieder durchleuchtet. Von zahlreichen Psychiatern. Die sich allerdings in ihren Diagnosen uneins waren. Einige meinten, er sei "geheilt", einige schlugen bewachte "Test-Freigänge" vor, einige hielten ihn nach wir vor für gefährlich.

Gutachter muss entscheiden
Das Straßburger Urteil wiegt folgenschwer. Abermals wird der Dreifachmörder nun von einem Gutachter untersucht. Der danach zu entscheiden hat, ob die Überstellung des mittlerweile 53-Jährigen in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angebracht ist, auf ungewisse Zeit. Oder ob er in Freiheit kommt.

Günter Lorenz träumt jedenfalls schon von einem Leben draußen: "Ich will fleißig arbeiten, eine nette Frau kennenlernen - und einfach ein ruhiges Dasein führen."

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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