Clinch mit Lehrern

Häupl: “Immer nur Nein sagen geht einfach nicht!”

Österreich
16.04.2015 17:18
Ruppige Wahlkampftöne zwischen SPÖ und ÖVP überschatten die Debatte um Reformen des Beamtenapparats. Die SPÖ drängt auf Effizienz in der Verwaltung, im Gegenzug verlangt die ÖVP eine Erhöhung des Pensionsalters. Und Wiens Bürgermeister Michael Häupl erwartet sich von den Lehrergewerkschaftern sozialpartnerschaftliche Verhandlungen.

"Immer nur Nein zu sagen geht einfach nicht", sagte Häupl im Gespräch mit der "Krone" am Donnerstag an die Adresse der Lehrergewerkschafter. Wenn sich einige "über meinen Spaßsager ("Bei 22 Stunden Wochenarbeitszeit wäre ich Dienstagmittag schon fertig", Anm. d. Red.) so aufregen, liegt das wohl daran, dass die Botschaft beim Empfänger entsteht", sagt Häupl. Es wäre wohl klar, dass er damit nicht die jungen und engagierten Lehrer gemeint habe.

"Melde mich erst bei großem inneren Druck wieder"
Er, Häupl, wundere sich übrigens, dass der Ausspruch von Lehrergewerkschafter Eckehard Quin, der der Regierung vor einer Woche wörtlich mit Krieg gedroht hatte, "keine ähnliche Aufregung" ausgelöst habe. Es könne allerdings nicht sein, dass die Lehrergewerkschaft "einseitig die Sozialpartnerschaft aufkündigt". Er erwarte jetzt partnerschaftliche Verhandlungen, bei denen die Bundesländer mit Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl vertreten sind. Er, Häupl, werde sich in die Debatte aber nur wieder einbringen, "wenn ich einen großen inneren Druck in diese Richtung spüre".

In Koalition grassiert wahlkampfbedingter Spaltpilz
Unterdessen grassiert in der Koalition der wahlkampfbedingte Spaltpilz. Donnerstag kurz vor zehn Uhr richtete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos der ÖVP aus, dass sie bei der Finanzierung der Steuerreform durch Einsparungen in der Verwaltung "auf Tauchstation gegangen" sei. Man müsse für diese Frage jetzt Lösungen finden. "Dass die ÖVP den Kopf in den Sand steckt, bringt uns auch nicht weiter. Von einer selbst ernannten Wirtschaftspartei erwarte ich konkrete Vorschläge, wo wir effizienter werden können", sagte Darabos.

Die Antwort von ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel ließ nicht lange auf sich warten. Die SPÖ würde sich nun mit "Forderungen, die bereits im letzten Jahrhundert von gestern waren", zu Wort melden, heißt es. Wirklicher Kostentreiber in Österreich seien unzweifelhaft die Pensionen. Hier brauche es eine "drastische Erhöhung" des faktischen Antrittsalters und eine frühere Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters für Frauen, erklärt Blümel.

Kanzleramtsminister Josef Ostermayer findet die gesamte Debatte verfehlt. Es ginge nicht um Nulllohnrunden für Beamte, sondern um Einsparungen durch Effizienzsteigerungen im Beamtenapparat. Und Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl ist der Meinung, dass man die gesamte aktuelle Einsparungsdebatte überhaupt nicht zu führen bräuchte, "wenn die ÖVP bei der in der Sache richtigen Steuerreform die Reichensteuer nicht verhindert hätte".

Kommentar von Claus Pándi: Wendehälse
Gefühlte Jahrzehnte schon werden Verwaltungsreformen gefordert, versprochen und verschoben. Jetzt ist es wirklich einmal so weit mit den Reformen - und was passiert? Prompt gehen gewaltige Wellen der Empörung durch das Land.

Nicht nur Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer ist dagegen. Von diesem Herrn war freilich nichts anderes zu erwarten. Vermutlich ist es sein Funktionsverständnis, jede Änderung, und sei sie noch so vernünftig, zu verhindern. Dass es nicht sehr verantwortungsvoll ist, wegen Eigeninteressen das Land in Geiselhaft zu nehmen, hat Neugebauer noch selten gekümmert.

Auch die mit dem etwas eigenartigen Hypo-Ausschuss beschäftigte Opposition weiß zu diesem wichtigen Zukunftsthema wenig bis nichts beizutragen. Grotesk wird es aber, wenn jetzt sogar sogenannte "Qualitäts"-Zeitungen gegen Reformen im Beamtenapparat Stimmung machen. Ganz nach dem Spruch der 1960er-Jahre, "die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche", ist es für die Wendehälse in den Redaktionen eine Riesengaudi, die Regierung zu zerzausen, obwohl sie endlich einmal das Richtige vorhat.

Da braucht es schon einen alten Haudegen wie Michael Häupl, der sich von solchen Kampagnen nicht einschüchtern lässt und den Reformkräften in der Koalition den Rücken stärkt. Mit seinen 65 Jahren entwickelt sich der Wiener Bürgermeister zu einem richtig coolen Typen. Bei den bevorstehenden Kämpfen wird die Koalition den furchtlosen Häupl wohl noch öfter brauchen.

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