Psychiatrie in Wien

Bericht deckt Misshandlung behinderter Kinder auf

Österreich
10.09.2014 12:43
Die Geschichte der Psychiatrie in Wien ist um eine - erschreckende - Facette reicher. Eine Arbeitsgruppe im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) hat untersucht, wie es behinderten Kindern im Otto-Wagner-Spital in den 1960er- bis 1980er-Jahren ergangen ist. Das Ergebnis: Es wurden die damals üblichen Behandlungsmethoden angewandt - die eher Misshandlung als Hilfe darstellten.

Der Bericht wird, wie im KAV am Mittwoch betont wurde, aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht. In einer Stellungnahme wurden jedoch die Grundzüge der Untersuchung dargelegt. Demnach waren etwa 50 bis 70 Patienten im Lauf der Jahre im Pavillon 15 untergebracht.

"Unterbringung am Rande der Zivilgesellschaft"
Zehn Krankengeschichten sind exemplarisch ausgewählt worden. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe konnten laut Aussendung "keine Anhaltspunkte für vorsätzliche, strafrechtliche Vorgehensweisen" finden. Die Betreuung habe den damals üblichen Standards entsprochen.

Jedoch: Diese waren oft genug qualvoll. "So unvorstellbar es aus heutiger Sicht auch klingen mag, das Ziel der Betreuung von körperlich und geistig schwerstkranken Menschen war bis in die 1980er-Jahre hinein nicht die Verbesserung ihres Zustandes, sondern die Unterbringung am Rande der Zivilgesellschaft und eine Beruhigung der PatientInnen durch entsprechende Medikation", heißt es in der Stellungnahme.

"Behandlungsmethoden waren stark vom Naziregime geprägt"
Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely zeigte sich im "Falter" berührt von den Vorgängen: "Die damaligen Behandlungsmethoden sind für uns heute unvorstellbar und waren noch stark vom Naziregime geprägt." Während der NS-Diktatur wurden in der am Gelände des nunmehrigen Otto-Wagner-Spitals gelegenen Fürsorgeanstalt "Am Spiegelgrund" (damals Teil der Pflegeanstalt "Am Steinhof", Anm.) Hunderte Kinder ermordet.

Ab Herbst soll laut Wehsely ein Forschungsprojekt Missstände in den Psychiatrien der Stadt historisch aufarbeiten. Die Kinder aus den betreffenden Abteilungen sind heute in Wohngruppen der Stadt untergebracht, wo sie ein "Leben in Würde" führen könnten, wie Wehsely in dem Bericht versicherte. Entschädigungszahlungen seien jedoch nicht geplant.

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