Schwaches Spiel

Argentinien ringt Holland im Elferschießen nieder

Sport
10.07.2014 00:46
Große Namen bürgen nicht unbedingt für große Fußballkunst – diese Weisheit ist am Mittwoch im zweiten Halbfinale der WM 2014 im Duell zwischen Holland und Argentinien wieder einmal eindrucksvoll bestätigt worden. In einem von taktischen Vorsichtsüberlegungen geprägten und weder besonders aufregenden noch auch nur ansatzweise guten Fußballspiel setzten sich am Ende die weniger schlechten Argentinier im Elfmeterschießen mit 4:2 durch. Sie stehen damit zum ersten Mal seit 24 Jahren wieder in einem WM-Finale.

Bei gutem Fußballwetter mit 19 Grad Celsius und 73 Prozent Luftfeuchtigkeit begann das Match in der von knapp 60.000 Zuschauern besuchten Arena in Sao Paulo mit einer Schweigeminute für die kürzlich verstorbene argentinisch-stämmige Fußballlegende Alfredo di Stefano. Was die beiden Mannschaften in der Anfangsphase des Spiels dann zeigten, entsprach zwar nicht unbedingt fußballerischen Schweigeminuten, aber es war doch deutlich erkennbar, dass der gegenseitige Respekt überwog. Die Argentinier setzten zwar als Erste zaghafte Offensivnadelstiche, doch weder ein langer Pass von Pablo Zabaleta auf Lionel Messi (1.) noch ein Antrittsversuch von Ezequiel Lavezzi (2.) oder Bemühungen von Di-Maria-Ersatzmann Enzo Perez (3., 5.) erzeugten ernsthafte Gefahr.

Robben und Messi bei Verteidigern gut aufgehoben
Während die "Albiceleste" erst in der eigenen Hälfte Attacken auf ballführende Holländer lancierte, setzte die "Elftal" zunächst auf mal früheres, mal späteres Forechecking – als das zu greifen begann, bekamen die "Oranje"-Kicker auch tatsächlich Oberwasser. Erste Szenen von Arjen Robben brachten aber wegen der Doppelung durch die Argentinier (6.) und wegen eines Abseitspfiffes (6.) nichts ein. Näher dran am Torerfolg war dann in Minute 15 Argentinien, doch nach einem Foul an Perez zirkelte Messi den Freistoß zwar an der Mauer, aber nicht an Keeper Jasper Cillessen vorbei. Wie überhaupt immer deutlicher wurde, dass das Spiel beider Teams auf ihre Stars Robben und Messi ausgerichtet war – freilich: Überraschend war das nicht, eher schon, dass die Abwehrreihen die Asse stets im Griff hatten.

Erst Holland und dann Argentinien besser
Die zwischenzeitliche Überlegenheit der Holländer war bald wieder Geschichte, als auch die Südamerikaner zu einem früheren Pressing übergingen. Mit schnellen Antritten brachten Messi und Perez die hüftsteifen "Oranje"-Verteidiger immer wieder in Verlegenheit. Doch mehr als Halbchancen (19./Zabaleta-Flanke, 19./Messi-Corner, 21./Lavezzi-Corner, 24./Lavezzi-Flanke, 24./Garay-Kopfball) schauten nicht heraus. Ein "Höhepunkt" war dann der Zweikampf von Hollands Martins Indi und Javier Mascherano, nach dem der "Gaucho" benommen liegen blieb und verarztet werden musste – er konnte aber weiterspielen (27.). Indi setzte sich dann noch zwei weitere Male mit Fouls in Szene (38., 45.). Trotz der Dominanz der Abwehrreihen wies die Statistik zur Halbzeit gerade zehn Fouls aus (6:4).

Argentinier Garay verteidigt sogar als Einbeiniger
Der dem rustikalen Spiel allzu freundschaftlich verbundene Indi blieb zur Pause in der Kabine und wurde damit zum einzigen echten Opfer der wenig begeisternden ersten Spielhälfte. Bezeichnend, dass auch die nächste bemerkenswerte Szene des Spiels nach Mascheranos Beinahe-K.-o. nichts mit Fußballkunst zu tun hatte: "Albiceleste"-Verteidiger Ezequiel Garay verlor einen Schuh, drosch den Ball als Einbeiniger allerdings dennoch erfolgreich auf die Tribüne (47.) – regeltechnisch eigentlich ein Fall für die Gelbe Karte, aber Schiri Cüneyt Cakir drückte mal ein Auge zu. Wenig später dann die erste Chance in Halbzeit zwei: Nach einem Foul vom früheren Bayern-Ass Martin Demichelis am aktuellen Bayern-Ass Robben trat Wesley Sneijder zum Freistoß an, schoss aber uninspiriert drüber (50.).

Zweites WM-Halbfinale wird immer schlechter
Was kaum jemand im Stadion für möglich gehalten hätte, trat im Anschluss an diese Aktion ein: Das Spiel wurde noch dröger. Auch mit viel gutem Willen ließ sich kaum eine Halbchance für eine der beiden Mannschaften ausmachen – ein unplatzierter Kopfball von Gonzalo Higuain nach einer Flanke von Lavezzi (58.) war noch mit das Aufregendste, was es zu sehen gab. Den Zuschauern im Stadion reichte das allerdings nicht mehr, und sie begannen immer öfter und immer lauter zu pfeifen. Wie bereits in Hälfte eins durchbrachen nur Verletzungspausen die um sich greifende Fadesse: Erst musste Lucas Biglia nach einem Zusammenprall mit dem Holländer Daryl Janmaat verarztet werden (61.), wenig später wurde Letzterer nach einem Zweikampf mit Marcos Rojo behandelt (69.).

In Minute 75 wachten dann beide Mannschaften kurz aus ihrem Offensivnickerchen auf, doch erst schoss Robin van Persie einen Fallrückzieher nur ins Außennetz – er war aber ohnehin im Abseits gestanden – und kurz darauf köpfelte Higuain eine Perez-Flanke knapp am ersten Pfosten vorbei. Dann gingen beide Teams wieder dazu über, sich gegenseitig erfolgreich zu belauern – bis in Minute 91, als Robben mit seiner bisher besten Aktion nach Vorarbeit von Sneijder auf Argentinien-Goalie Sergio Romero loslief, im letzten Moment aber von Mascherano vom Ball getrennt wurde.

Trostlose Verlängerung mit argentinischen Vorteilen
Die wenig später Realität gewordene Verlängerung versprach nach den vorangegangenen 90 Minuten nichts – und dieses "Versprechen" wurde auch mit wenigen Ausnahmen gehalten. Die zunehmend platten Argentinier suchten ihr Heil zwar vorerst nur mehr in der Defensive, aber die "Oranjes" wussten ohnehin kaum etwas aus dem Ballbesitz zu machen. Erst kurz vor dem Ende der Verlängerung wurde es wieder spannend, doch Rodrigo Palacio köpfte den Ball nach einem langen Pass im Stile einer Rückgabe auf Cillessen (115.), und dann traf auch Maxi Rodriguez nach einer Messi-Flanke den Goalie der "Elftal" (117.). Doch damit war das ohnehin spärlich gewesene Offensivpulver beider Mannschaften verschossen – es ging ins Elferschießen.

Während dort alle Argentinier trafen, scheiterten Ron Vlaar und Sneijder mit ihren Versuchen am glänzend disponierten "Albiceleste"-Schlussmann Romero – und Argentinien zog erstmals seit 1990 wieder in ein WM-Finale ein.

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(Bild: KMM)



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