Überdauerte 109 Jahre
Familie sammelt Müll, findet Flaschenpost aus 1916
Ein Fund, der Geschichte atmet: Beim Müllsammeln am Strand von Wharton Beach in Westaustralien entdeckte eine Familie eine alte Glasflasche – darin lagen zwei Briefe, geschrieben von australischen Soldaten auf dem Weg in den Ersten Weltkrieg. Mehr als ein Jahrhundert lang hatte die Flaschenpost im Sand überdauert, bis sie nun, durch Winterstürme freigelegt, wieder ans Tageslicht kam.
Die Entdeckung machte die Familie Brown bei einer ihrer regelmäßigen Säuberungsaktionen nahe Esperance, rund 600 Kilometer südöstlich von Perth, wie ABC News berichtete. Tochter Felicity hob die unscheinbare Flasche mit der Aufschrift „Schweppes“ auf – und traute ihren Augen kaum, als sich darin ein zusammengerolltes Stück Papier erkennen ließ.
Verfasser war am Weg nach Europa
Der Brief, datiert auf den 15. August 1916, stammt von Malcolm Alexander Neville, einem Soldaten aus Wilkawatt im südaustralischen Hinterland. Neville schrieb seiner Mutter von Bord des Truppentransporters HMAT Ballarat, der wenige Tage zuvor Adelaide in Richtung Europa verlassen hatte.
In durchaus humorvollem Ton berichtet er, dass das Essen an Bord „wirklich gut“ gewesen sei – abgesehen von einer Mahlzeit, „die wir im Meer versenkt haben“. Die Ballarat, so Neville, „schaukelt und rollt, aber wir sind glücklich wie Larry“ – ein damals gebräuchlicher Ausdruck für „überaus zufrieden“.
Autoren mit tragischen Schicksalen
Neben Nevilles Brief fand sich auch noch eine zweite Nachricht, verfasst von William Kirk Harley, einem weiteren Soldaten an Bord des Schiffes. Beide Männer befanden sich „irgendwo in der Bucht“, womit offenbar die Große Australische Bucht gemeint ist. Harley überlebte den Krieg, starb jedoch 1934 an Krebs, den seine Familie auf eine Gasattacke während des Krieges zurückführte. Neville fiel 1917 in Frankreich – nur Monate nach dem Schreiben seiner letzten Botschaft.
Dunkler Hintergrund
Der Erste Weltkrieg (1914-1918) war ein globaler Konflikt zwischen den Mittelmächten (u. a. Österreich-Ungarn, Deutschland) und den Alliierten (u. a. Großbritannien, Frankreich), ausgelöst durch das Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand und geprägt von Grabenkrieg an der Westfront.
Australien trat als Teil des Britischen Empires automatisch ein, stellte über 400.000 Freiwillige und erlitt mit rund 60.000 Toten die höchste Verlustrate pro Kopf – die beiden Soldaten der Flaschenpost gehörten zur AIF und wurden auf dem Truppenschiff HMAT Ballarat nach Europa gebracht.
Nachfahren zeigen sich tief bewegt
Debra Brown, die Finderin, ließ die feuchte Flasche zunächst trocknen, bevor sie die Briefe mit chirurgischer Präzision öffnete. Sie kontaktierte daraufhin über soziale Medien die Nachfahren der beiden Soldaten. Nevilles Großneffe Herbie Neville zeigte sich tief bewegt: „Es klingt, als wäre er ziemlich glücklich gewesen, in den Krieg zu ziehen. Es ist einfach so traurig, was passiert ist.“
Auch Harleys Enkelin Ann Turner sprach von einem bewegenden Moment: „Wir haben das Gefühl, dass unser Großvater uns aus dem Grab heraus die Hand gereicht hat.“
Finder wollen Flasche bei sich behalten
Laut Ozeanograph Charitha Pattiaratchi von der Universität Westaustraliens dürfte die Flasche nur wenige Wochen im Meer getrieben sein, bevor sie an Wharton Beach angespült und im Sand vergraben wurde – dort lag sie offenbar mehr als hundert Jahre lang unentdeckt.
Die Browns wollen die Briefe nun den Familien der beiden Soldaten zurückgeben – die Flasche selbst behalten sie als Erinnerungsstück. Für Debra Brown steht fest: „Das ist eine Geschichte, die uns daran erinnert, wie klein die Welt manchmal ist – und wie tief Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbunden bleiben.“
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.











