Bleibt aber Berater

SOS-Kinderdorf: Cernko tritt als Aufsichtsrat ab

Österreich
01.10.2025 12:47

Willibald Cernko ist mit sofortiger Wirkung als Vorsitzender des Aufsichtsrats von SOS-Kinderdorf zurückgetreten – ausgelöst durch die öffentlich gewordenen mutmaßlichen Missbrauchs- und Gewaltvorwürfe gegen Einrichtungen in Moosburg (Kärnten), Imst (Tirol) und Seekirchen (Salzburg). Nach Kritik an möglicher Befangenheit der Kommission wird das Gremium neu aufgestellt, Cernko behält eine beratende Funktion.

Nacktfotos auf dem privaten Laptop eines Pädagogen, Essensentzug und Gewalt durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Isolation von Kindern: Die Untersuchungen von mutmaßlichem Missbrauch in zwei von SOS-Kinderdorf in Auftrag gegebene Studien in Kärnten und Tirol brachten Erschütterndes ans Licht. 

Neuaufstellung der Kommission
Wie am Mittwoch bekanntgegeben wurde, werde sich die Kommission gänzlich aus externen Expertinnen und Experten zusammensetzen. Ex-Bankmanager Willibald Cernko legt sein Mandat im Aufsichtsrat zurück. Der Schritt geschehe, um „die Unabhängigkeit der Kommission sicherzustellen“, erklärte eine Sprecherin.

Künftig sollen auch ein Experte für Wirtschaft sowie eine Fachperson mit medizinisch-therapeutischem Hintergrund in der Kommission sitzen. Wer neben Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss, Kinderschutzexpertin Hedwig Woelfl sowie Soziologin Veronika Reidinger ebenfalls Teil davon sein soll, stehe noch nicht fest, hieß es. „Das soll bereits nächste Woche bekannt gegeben werden“, sagte die Sprecherin. Damit umfasst die Kommission jedenfalls aber fünf externe Fachleute. Eine unabhängige Moderation und Prozessbegleitung stellen Transparenz und Klarheit sicher.

Der Aufsichtsrat von SOS-Kinderdorf Willibald Cernko gab am Mittwoch seinen Rücktritt bekannt.
Der Aufsichtsrat von SOS-Kinderdorf Willibald Cernko gab am Mittwoch seinen Rücktritt bekannt.(Bild: APA/Barbara Grindl, Helmut Fohringer)

Cernko zog mit Rückschritt „klaren Schnitt“
Ex-Bankier Cernko legt sein Aufsichtsrat-Mandat mit sofortiger Wirkung zurück und wird künftig auf Bitte und im Auftrag der Geschäftsführung ehrenamtlich in beratender Funktion unterstützen – sowohl im Krisenmanagement als auch in der internen Begleitung des Reformprozesses. Das sei eine persönliche Entscheidung gewesen, hieß es. Cernko sei die vergangenen Wochen maßgeblich daran beteiligt gewesen, die Kommission auf den Weg zu bringen und den „Übergang in der Krise kommunikativ zu begleiten“. Nun habe er damit „einen klaren Schnitt ziehen“ gezogen.

Viele Fragen rund um die mutmaßlichen Missbrauchs- und Gewaltvorwürfe sind noch offen. Cernko versuchte bereits am Freitagabend im Interview mit Margit Laufer im ZiB2-Studio zu beschwichtigen, zeigte aber auch Einsicht: „Ja, da sind schwere Fehler passiert“, so Cernko. Der 69-Jährige hatte zudem dafür plädiert, dass im Aufsichtsrat von SOS-Kinderdorf in Zukunft vorrangig Menschen mit „wirklich tiefer Kenntnis“ von Kinderschutz und Pädagogik sitzen sollen. Möglicherweise sei er mit seiner Expertise aber dieser Aufgabe in der Detailtiefe nicht gewachsen gewesen, sagte Cernko.

Die Kommission unter der Leitung von Griss berichte künftig an den Aufsichtsrat bzw. Reformausschuss. Dieser verantworte die Umsetzung der Reformvorschläge in der Organisation. Die Geschäftsführung stelle dafür uneingeschränkten Zugang zu Unterlagen und Personen sicher. Die Ergebnisse werden veröffentlicht – unter Wahrung des Opferschutzes. Im Zusammenhang mit der Arbeit der Reformkommission fänden derzeit interne Abstimmungen zur Rolle der Geschäftsführung statt. Damit soll gewährleistet werden, dass die Kommission ohne jeden Interessenskonflikt arbeiten kann.

Lückenlose Aufarbeitung als Ziel
Jener Aufsichtsrat hatte vor mehr als einer Woche die Einsetzung einer Untersuchungskommission bekanntgegeben. Darin wären auch drei Plätze für Aufsichtsratsmitglieder vorgesehen gewesen. Die Erweiterung und die volle Unabhängigkeit der Kommission seien „zentrale Voraussetzungen, um lückenlos aufzuarbeiten und Empfehlungen für nachhaltige Veränderungen vorzulegen“, wurde Griss am Mittwoch zitiert.

Causa wurde Mitte September bekannt
Angestoßen wurde die Causa Mitte September durch einen Bericht der Wochenzeitung „Falter“. Darin wird geschildert, dass Kinder und Jugendliche am Kärntner Standort in Moosburg zwischen 2008 und 2020 misshandelt, eingesperrt und nackt fotografiert worden sein sollen. Grundlage des Artikels war eine von SOS-Kinderdorf selbst in Auftrag gegebene, jedoch nicht veröffentlichte Studie. In der Folge wurden auch am Tiroler Standort Imst und im Salzburger Seekirchen weitere Verdachtsfälle bekannt, die in dieser internen Untersuchung ebenfalls behandelt worden waren.

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