Keine schöne Vorstellung: Sie erkranken an Krebs. Doch medizinische Innovationen verschaffen Ihnen einen großen Vorteil! Mittels simpler Bluttests kann sofort erkannt werden, um welche Art Karzinom es sich handelt. Rasch und ohne Eingriff wissen die Ärzte, welche Medikamente sie Ihnen geben müssen, damit die Therapie wirkt – zielgerichtet, ohne Nebenwirkungen. Und die KI hilft dabei maßgeblich mit.
Bei gewissen Krebsarten ist dieses sogenannte „Liquid Profiling“ keine „Zukunftsmusik“ mehr, sondern bereits möglich – denn die DNA des Tumors zirkuliert auch im menschlichen Blut. Stark daran beteiligt ist die moderne Labordiagnostik. Diese geht heute weit über klassische Blutanalyse hinaus. Sie nutzt dafür die Künstliche Intelligenz in vielfältiger Weise. „Kein Labor kommt mehr ohne eine IT-Abteilung aus“, pflichtet der Salzburger Labormediziner Dr. Hans Georg Mustafa, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie (ÖGLMKC), bei. „Bei uns geht es mittlerweile um hochautomatisierte Prozesse, nicht um bunte Flüssigkeit in kleinen Pipetten, die hin und her geschüttet wird.“
Zielgerichtete Behandlungen
Diese technologische Entwicklung bringt die Menschheit näher an eine personalisierte Medizin der Zukunft. Und diese beginnt im Labor, denn hier werden genetische Profile entschlüsselt. Dr. Mustafa: „Was bei dem einen Menschen hervorragend hilft, bleibt bei einem anderen wirkungslos oder verursacht im schlimmsten Fall schwere Nebenwirkungen. Mit Hilfe der Pharmakogenetik werden gezielt genetische Varianten analysiert, welche die Verstoffwechslung sowie Wirkung im Körper und damit die Verträglichkeit von Medikamenten beeinflussen.“ Dementsprechend können Arzneien dann zielgerichtet eingesetzt werden.
Wie hilft nun die Künstliche Intelligenz dabei? Sie führt unzählige Daten aus Labor, Klinik sowie Patientenakten zusammen und unterstützt bei der Zusammenfassung komplexer Krankengeschichten. KI-basierte Systeme erkennen überdies Muster – etwa bei chronischen Erkrankungen oder in der Onkologie, genannt digitale Biomarker. Das resultiert in früheren und genaueren Diagnosen. Das bedeutet, dass Behandlungen schneller eingeleitet werden können. Gleichzeitig werden durch KI viele Aufgaben automatisiert. Dies ermöglicht es den hochspezialisierten Mitarbeitern, sich auf anspruchsvollere Aufgaben zu konzentrieren.
Einsätze in der Krebsmedizin
Besonders beeindruckend zeigen sich all diese Fortschritte am Beispiel der Onkologie. Nicht nur der Mensch, sondern auch der Tumor muss genau untersucht werden, um gezielt gegen ihn vorgehen zu können. „Eine umfassende, auch genetische Charakterisierung von Tumorproben erlaubt es uns, die Erkrankungen zu verstehen, Achillesfersen des Krebses als therapeutische Ziele zu erkennen und spezifische Medikamente dagegen zu entwickeln“, erklärt der Labordiagnostiker Univ.-Doz. Dr. Alexander Haushofer. Das nennt sich „Next-generation sequencing“ (NGS) und ermöglicht es den Wissenschaftern, genetische Information in Zellen sehr detailliert zu untersuchen. In der hämatologischen Diagnostik, die sich mit Blutkrankheiten beschäftigt, kann NGS verwendet werden, um gezielt auf bestimmte Gruppen von Genen zu blicken, die mit einer Krankheit in Verbindung stehen.
Diagnostische Methoden werden verfeinert
Damit das Therapieansprechen genau überwacht wird, sind heute hochsensitive diagnostische Methoden notwendig, um die minimale Resterkrankung („minimal residual disease“, MRD) unter oder nach Therapie anzugeben, beginnende Rezidive frühzeitig zu erkennen und das Behandlungsmanagement anzuleiten. „Das Zusammenspiel von Verbesserungen der Diagnostik und der Therapie ist der Schlüssel zum Verständnis und zur Heilung von Leukämien (Blutkrebs) und Lymphomen (Tumore, die von Lymphozyten ausgehen)“, so der Experte. „Es ergibt sich damit ein präzises Bild der Erkrankung.“
Darmkrebsvorsorge durch KI
Die Künstliche Intelligenz revolutioniert aber bereits jetzt schon die Vorsorgemedizin. „Wir können etwa anhand von Blutbildern und verschiedenen Vorbefunden ein Risikoprofil erstellen, wie wahrscheinlich ein bestimmter Patient an Darmkrebs erkranken wird“, so Dr. Hans Georg Mustafa im Pressegespräch zur 10. Jahrestagung der ÖGLMKC. „Ohne zusätzliche Untersuchungen erkennt das System minimalste Abweichungen innerhalb der Normwerte und identifiziert damit Patienten mit erhöhtem Risiko. Diese wichtige Ergänzung zu bestehenden Vorsorgeuntersuchungen und senkt gleichzeitig die Hemmschwelle zur Früherkennung, insbesondere bei Menschen, die eine Stuhlprobe oder Koloskopie ablehnen.“ Er könnte sich vorstellen, dass dieses System in den kommenden Jahren bei speziellen Patientengruppen zur Routine wird.
So faszinierend die Möglichkeiten auch sind, für die Ärzte gilt: „Oberste Priorität ist und bleibt die Patientensicherheit. Automatisierte Prozesse und KI-basierte Entscheidungen werden ständig überwacht, validiert und medizinisch kontrolliert. Jeder automatisierte Ablauf, jede KI-basierte Analyse muss höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards genügen. Technologie ist kein Ersatz für ärztliche Verantwortung – aber eine wertvolle Unterstützung.“
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.