Wachsendes Problem

Rachepornos: Opfer kämpfen gegen Nacktbild-Uploads

Web
25.09.2013 10:05
"Er sagte, wenn ich sie ihm nicht schicke, heißt das, dass ich ihm nicht vertraue. Und das heißt, dass ich ihn nicht liebe", sagt Marianna Taschinger. Die 23-jährige Texanerin hatte ihrem einstigen Freund Nacktfotos von sich gesendet, die ein Jahr nach der Trennung im Internet landeten. Sie ist nur eine von vielen jungen US-Bürgerinnen, die in den letzten Jahren Opfer sogenannter Racheporno-Seiten wurden. Jetzt führen Taschinger und andere Geschädigte einen juristischen Feldzug gegen die menschenverachtenden Websites.

Es war im vergangenen Dezember, als Taschinger über ein Jahr nach der Trennung von ihrem ehemaligen Freund mehr als ein Dutzend Nacktbilder von sich im Web entdeckte. Er werde sie nie herausgeben, hatte er ihr zwölf Monate zuvor noch versprochen.

Heute sind sie online und für jeden zugänglich. Die Bilder aus dem Web zu tilgen? Unmöglich. Sie verbreiten sich von einer Racheporno-Seite auf die nächste, der Kampf gegen die Bilder wäre für die hintergangene junge Frau nicht zu gewinnen. Aussichtsreicher ist da der Kampf gegen die mutmaßlichen Täter.

Klage gegen Exfreund und Websitebetreiber
Mittlerweile hat Taschinger ihren Exfreund verklagt. Und den Betreiber der Racheporno-Seite "Texxxan", auf welche ihr Freund die schlüpfrigen Aufnahmen hochgeladen haben soll. Der Exfreund selbst bestreitet freilich, zum Zeitpunkt des Uploads überhaupt einen Computer besessen zu haben, berichtet die "New York Times".

Taschinger ist nicht die einzige Betroffene, die gegen Rachepornos vorgeht. Im US-Bundesstaat Michigan hätte erst letzten Monat eine junge Frau in einem Prozess eine Strafe von 300.000 US-Dollar gegen einen Betreiber erwirkt. Und neben Taschinger klagen 24 weitere junge Frauen – fünf davon sind minderjährig – gegen die vom FBI beobachtete Website "Texxxan" und den Webhoster GoDaddy, auf dessen Servern die Schmuddelseite liegen soll.

Webhoster kann gehostete Inhalte nicht kontrollieren
Der Webhoster wiederum sieht sich im Recht. Er habe keine Kontrolle über die Inhalte, die auf seinen Servern deponiert werden, so dessen Anwalt. Zudem sehen Experten beim juristischen Vorgehen gegen Webhoster Konflikte mit dem ersten Verfassungszusatz der Vereinigten Staaten, der Meinungsfreiheit.

Aber selbst, wenn die junge Frau durch den Prozess keine Gerechtigkeit erfahren sollte: Die Verhandlung rückt immerhin ein wachsendes gesellschaftliches Problem in den USA in den Fokus der Öffentlichkeit: Rachepornos, jene unliebsamen Nacktaufnahmen meist junger Frauen, die von ehemaligen Liebschaften als Retourkutsche fürs Schlussmachen ins Web gestellt werden.

Rachepornos können Existenzen zerstören
Dabei passiert es nicht selten, dass die Nacktaufnahmen auch gleich mit Links zu den Facebook-Seiten der Abgelichteten versehen werden. Und auch die Nennung von Namen, Wohnorten, ja sogar Arbeitsplätzen ist neben hämischen Bemerkungen des Uploaders traurige Realität.

Rachepornos können Existenzen zerstören. Nacktbilder im Web können den Arbeitsplatz kosten, Stalker anlocken, zu peinlichen Begegnungen in der Öffentlichkeit führen und nicht zuletzt Familien auseinanderbringen. Ein paar Mausklicks reichen, um einen einst geliebten Menschen in den Ruin zu treiben.

Manche Opfer ändern den Namen, ziehen um
"Manchmal möchte ich mich einfach zusammenkauern und weinen", sagt Marianna Taschinger. Wegen der Nacktbilder im Web habe sie ihren Job gekündigt und sei nachts von einem Stalker heimgesucht worden, erzählt sie.

Eine Lösung für ihr Problem gibt es nicht. Manche Opfer ändern ihren Namen und ihr Aussehen, wechseln sogar den Wohnort – mit dem Resultat, dass besonders hasserfüllte Verflossene die Nacktbilder im Web kurzerhand um den neuen Namen ergänzen.

Racheporno-Betreiber verdienen am Leid der Opfer
Und die Betreiber der Rachepornoseiten? Die verdienen an dem Leid, das ihre Websites anrichten. Hunter Moore etwa, der Betreiber der 2012 vom Netz genommenen und später wieder online gestellten Racheporno-Seite "Isanyoneup" (siehe Infobox), sagte einst in einem Fernsehinterview, er habe keinerlei Skrupel, eine derartige Website zu betreiben.

"Warum sollte ich? Ich schaue mir den ganzen Tag nackte Mädchen an", so Moore zum Interviewer. Tatsächlich dürfte es Menschen wie Moore aber vor allem ums Geld gehen. Moore selbst soll an seiner Rachepornoseite bis zu 10.000 US-Dollar im Monat durch Werbung verdient haben – ein Zusatzverdienst, der das Gewissen scheinbar zum Schweigen bringt.

Erste Gesetze gegen Rachepornos in Kraft
Doch die Klagewelle der Opfer könnte künftig einen Schlussstrich unter das Thema Rachepornos setzen. In mehreren US-Bundesstaaten werden nun Gesetze gegen Rachepornos erarbeitet, in Kalifornien wurde diesen Monat das erste gezielt gegen Rachepornos geschaffene Gesetz verabschiedet, weitere Bundesstaaten könnten folgen.

Ob Gesetze helfen, bleibt unterdessen fraglich. Die Betreiber der Websites könnten es der Warez-Szene gleich tun, ihre Seiten auf Server in Ländern verlegen, die nicht mit den US-Behörden kooperieren.

Und der Umstand, dass heute jedes Handy mit einer Kamera ausgestattet ist, dürfte das Problem ungewollter Nacktbilder eher verschärfen, als lösen. Trotzdem: Zumindest die Uploader könnten härtere Gesetze davon abbringen, aus verschmähter Liebe die Existenz der früheren Partnerin zu ruinieren.

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